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Weitere Briefe:Spider-Man, Spider-Man

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Rund 30 Filme gehören aktuell zum Marvel Cinematic Universum. Was trägt der neueste Spider-Man-Film dazu bei? Ein SZ-Leser übt Kritik an der Filmkritik.

Spider-Man, Spider-Man

Zu "Pfui, Spinne" vom 17. Dezember: Ich bin langjähriger SZ-Leser und sehr zufrieden mit der allgemeinen Berichterstattung. Aber neulich habe ich mich bei der Rezension des neuen Marvel-Films "Spider-Man: No Way Home" tatsächlich geärgert. Die ganze Rezension ist im Grunde eine Auseinandersetzung des Autors mit seiner offensichtlichen Unkenntnis des Kontextes, in dem der Film angesiedelt ist. Der Autor schreibt selbst: "Die vielen Querverweise auf andere Figuren und Handlungsstränge des Marvel-Universums werden jedes Mal mehr, da kommt kein normaler Mensch mehr mit." Womit er mal eben ein Millionenpublikum in die Ecke stellt und ihm vorwirft, nicht normal zu sein.

Auch das folgende Zitat zeugt von der Unkenntnis des Marvel Cinematic Universe (MCU): "Nur leider hat man das in den letzten Jahren halt schon gefühlt 425 Mal gesehen. Ein Film folgt auf den anderen, zwischendrin wechselt mal der Darsteller, ansonsten bleibt fast alles gleich." Nein, es bleibt nicht alles gleich. Mit dem dritten Spider-Man-Darsteller, Tom Holland, sind die Filme erzählerisch ins MCU eingegliedert worden. Und das wertet die Filme auf. In der Regel funktionieren sie für sich schon ganz gut, als Teil des MCU bereichern sie die gesamte Geschichte enorm. Und weil der Autor diesen ganzen Background mal einfach so links liegen lässt, weil es ihn offensichtlich nicht interessiert oder er kein großes Interesse hat an dem MCU-Kosmos, verliert er sich dann in seiner Rolle als überkritischer Filmkritiker endgültig in der Filmhandlung: "Da kommt man als Kritiker natürlich sofort auf philosophische Gedanken. Gibt es im Multiversum auch andere Filmkritiker, die sich gerade andere "Spider-Man"-Filme anschauen und darüber schreiben?"

Bitte verstehen Sie meinen Leserbrief konstruktiv. Versuchen Sie zu verstehen, was die Faszination des MCU ausmacht: bisher rund 30 Filme, die mehr oder weniger erzählerisch zusammenhängen. Das ist schon eine Leistung und gibt es in der Kinogeschichte meines Wissens kein zweites Mal. Und der zweite Punkt: Die Marvel-Filme aus dem MCU sind die erfolgreichsten Filme unserer Zeit. Warum ist das so? Was für ein kulturelles Phänomen steckt dahinter? Wo kommt diese Faszination her? Das sind doch die Fragen, die sich ein Feuilleton stellen sollte. Meinen Sie nicht? Das heißt natürlich nicht, dass jeder dieser Filme ein Meisterwerk ist. Man sollte verstehen, bevor man urteilt. Vielleicht hätte, wie der Autor vorschlägt, der gewisse Kollege Ö. lieber die Rezension schreiben sollen.

Luca Caracciolo, Hannover

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Quelle:
SZ vom 30.12.2021
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