Weitere Briefe:NSU und Infantino

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Ein Leser hofft, dass das NSU-Urteil nicht das Ende, sondern der Anfang der Aufarbeitung des Rechtsterrorismus in der BRD ist. Ein anderer meint, das System Infantino bei der Fifa werde so lange weitergehen, wie die Zuschauer alles mitmachten.

Und alle machen mit

" Infantinos Sklaven" vom 16. Juli: "Man darf gespannt sein, ob er (Infantino) dort (in Katar) so weitermacht", heißt es in oben genanntem Artikel. Sicher wird er das; es kann sich nur um eine rhetorische Frage des Autors handeln. Welchen Grund sollten Infantino, Bach und andere Sportfunktionäre auch haben, auf ihre Millionengeschäfte und persönlichen Vorteile zu verzichten? Die kollektive Verweigerung der Zuschauer/Fans, - das einzig probate Mittel zur Veränderung der Verhältnisse -, wird es nicht geben.

Und die überaus willfährigen Medien werden ebenfalls ihre mehrheitlich völlig unkritische Berichterstattung fortsetzen. Hier wenigstens würde man sich ungeschönt-kritische Kommentare, wie den hier vorliegenden, schon im Vorfeld der Spektakel wünschen. Bleiben die Staaten, die die Shows veranstalten. Auch hier wird sich wohl nichts ändern. Olympische Spiele und Weltmeisterschaften haben sich als äußerst wirksame Mittel erwiesen, für Propagandazwecke und zur Image-Aufpolierung missbraucht zu werden. Da haben die Spiele von 1936 Maßstäbe gesetzt und Nachhaltigkeit bewiesen. Der desillusionierte Verweigerer muss damit leben, bestenfalls als kurioser Querulant gesehen zu werden und sich dümmlich-nassforsch von den Infantinos belehren lassen, dass es Probleme schließlich überall gibt.

Robert Tomaske, Bochum

Eklatantes Staatsversagen

" Furchtbar fruchtbar" vom 12. Juli: Nein, es darf nach über fünf Jahren NSU-Prozess mit der Urteilsverkündung durch das Münchner Oberlandesgericht kein Schlussstrich unter die dringend notwendige gesellschaftliche Aufarbeitung des Rechtsterrorismus in der BRD gezogen werden. Viel zu unterbelichtet bleiben etwa die Fragen der Angehörigen der Opfer sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft, wie etwa Amnesty International, nach den Ursachen, die die brutale Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrund" ermöglicht haben.

Wenn diese Fragen nach dem eklatanten Staatsversagen und dem institutionellen Rassismus nicht intensiv bearbeitet werden, dann war der Tag der Urteilsverkündung im Münchner Prozess sogar noch ein guter Tag für Nazis hierzulande. Denn die Aktionen des NSU und beispielsweise die zynische und herzlose Schadenfreude Horst Seehofers über abgeschobene Afghanen, von denen einer Suizid begangen hat, haben die gleichen geistigen Wurzeln. Es ist das Gefühl vieler Deutscher, etwas Besseres zu sein und hieraus die lebensfeindlichen rassistischen Konsequenzen zu ziehen.

Ja, es gibt zumindest Schnittmengen zwischen dem rechtsnational-völkischen Gift, das von der AfD verbreitet wird, und dem rechten Terrorismus des NSU.

Anton Hofreiter von den Grünen ist zuzustimmen, wenn er die Aufarbeitung der Vorurteilsstrukturen in Verfassungsschutz und Polizei als eine der Konsequenzen aus den Taten des rechten Terrorismus für notwendig erachtet. Es wäre leichtfertig, auf Sicherheitsbehörden zu vertrauen. Der Widerstand gegen Rechts muss aus der Zivilgesellschaft kommen und erfordert Zivilcourage von uns allen.

Gerade deshalb ist Heribert Prantls Erinnerung an Bertolt Brechts Satz "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch" aktueller denn je - leider.

Manfred Kirsch, Neuwied

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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