Weitere Briefe:Nebenjobs, Transparenz

Wie viele Berufe dürfen Berufspolitiker noch nebenher ausüben, fragt ein Leser. Transparenz sei hier in jedem Fall wichtig. Ganz anders im Interview Verfassungsrichterin Borchardt. Sie antwortete hier manchen zu offen für ihr Amt.

Wie viele Nebenjobs sind tragbar?

Zu "Warnsignal für das Parlament" vom 16. Juni und zu "Es war ein Fehler" vom 13./14. Juni: Es geht ja in der Diskussion nicht nur um den Abgeordneten Philipp Amthor und dessen offenbar stark ausgeprägtes Erwerbsstreben, sondern um die Grundsatzfrage, was so ein Abgeordneter nebenbei anschaffen darf und davon dem Bundestag deklarieren muss. Es ist ein Unding, dass zum Beispiel Aktienbezugsrechte, die seit Jahren bei vielen Unternehmen zu den ganz normalen Bestandteilen der Vergütung zählen, hierbei unter den Tisch fallen. Als Wähler fragt man sich, wie viele Berufe (Direktor, Rechtsanwalt, etc.) ein Bundestagsabgeordneter wohl zusätzlich ausüben kann und darf.

Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann, Berlin

Schwierige Offenheit

Zu "Auf dem Boden des Grundgesetzes", Interview mit Barbara Borchardt vom 28. Mai: Die Direktheit der Antworten ehrt die frisch gekürte Verfassungsrichterin. Mit vielem weckt sie bei mir Verständnis. Dieses hört aber ganz grundsätzlich auf, wenn sie historisch-moralisch argumentiert: "Es gab Mauertote auf beiden Seiten, es sind auch Grenzsoldaten erschossen worden." Da muss sie erst erinnert werden, dass die Zahlen bei erschossenen Grenzsoldaten und Flüchtlingen arg auseinanderklaffen. Und dann wäre ja wohl noch die Frage, wie viele von den Flüchtlingen selbst als Täter in Frage kommen. Zieht man fliehende Grenzsoldaten und Sowjetsoldaten ab, werden es wohl nicht allzu viele gewesen sein.

Ihre Haltung wird klar, wenn sie argumentiert, die DDR könne kein Unrechtsstaat gewesen sein, weil Unrecht juristisch nicht definiert sei. Wäre die DDR ein Unrechtsstaat, wäre doch das ganze Leben in der DDR unrecht gewesen. Überträgt man diese Denke auf das NS-Regime 1933-45zeigt sich die Unsinnigkeit der Argumentation.Frau Borchardt hätte sich mit Verweis auf den Stand der Geschichtswissenschaft aus der Affäre ziehen können. Hier zieht man es in beiden historischen Fällen eher vor vom Doppelstaat zu sprechen, sich mal als keinen rechtlichen Vorgaben verpflichteter Maßnahmenstaat, mal als an solche gebundener Normenstaat Zeit - je nachdem, was den Machthabern opportun erscheint.

Wie sollen sich eigentlich die zahlreichen Opfer der DDR fühlen, wenn sie sich an das höchste Gericht eines Bundeslandes - zudem noch auf dem Boden der ehemaligen DDR - wenden, um ihr Recht einzuklagen?

Norbert Ortgies, Münster

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