Weitere Briefe:Mord und Strafe

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Ist ein dutzendfacher Mörder wie der Krankenpfleger Niels Högel psychisch krank? Ein Leser hat dazu eine eindeutige Meinung. Ein anderer empfiehlt einem Politiker, der ans Verfassungsgericht wechseln will, eine Karenzzeit.

Nicht normal

" Das Böse unter uns" vom 3./4. November: Warum sagen wir nicht einfach, wenn jemand mordet, ist er nicht normal. Normale Menschen morden nicht. Wenn es um Mord im Affekt geht, kann man immer noch einschränkend sagen, er oder sie war zum Zeitpunkt des Mordens nicht normal. Aber der "gesunde Menschenverstand" sollte doch bei jedem die Schlussfolgerung erlauben, Morden ist nicht normal. Sonst täte es jeder. So betrachtet, ist der Krankenpfleger Niels Högel, genau wie Anders Breivik, abnorm - außerhalb der gesellschaftlichen Norm. Warum Högel zu seinen Taten kam, ist zweitrangig - aber es gibt mit Sicherheit Gründe, die ihn so werden ließen, wie er wurde, und die seine Netzwerke im Gehirn dazu trieben, so lange weiter zu morden, bis seine Taten entdeckt wurden. Menschen - Lebewesen allgemein - lernen bestimmte Verhaltensweisen und verlernen andere. Högels Lerngeschichte, und vielleicht auch genetische und epigenetische Prädispositionen in seinem Gehirn, ließ ihn zum Mörder werden. Er konnte nicht anders. Hätte er anders handeln können, hätte er mit Sicherheit anders gehandelt, denn Morden zahlt sich in unserer Gesellschaft selten aus - das weiß jedes Kind. Deswegen ist er krank.

Prof. Hans Markowitsch, Baden-Baden

Karenzzeit für Harbarth

" Stephan Harbarth soll Andreas Voßkuhle ablösen" vom 10./11. November: Der jetzige Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU soll als Richter an das Bundesverfassungsgericht berufen werden. Er ist zweifelsfrei ein ehrenwerter Herr und für diese Position qualifiziert. Nach dem ehemaligen saarländischen Ministerpräsidenten Müller wäre er mindestens der zweite Richter, der direkt aus dem parlamentarischen Alltag der Zuspitzung und Fokussierung auf politische Ziele in das Bundesverfassungsgericht einzieht, vereinfacht gesagt: seinen Zivilanzug auszieht, seine politische Funktion aufgibt und an nächsten Tag mit roter Robe wieder einpassiert. Ist das gut so? Steht das nicht im Gegensatz zur Position eines Richters, der abgewogen und unparteiisch zu einem Urteil kommen muss, mit dem Auseinandersetzungen dauerhaft beendet werden sollen? Sollte man bei Harbarth nicht zumindest eine Karenzzeit von zwei Jahren einlegen, damit er nicht über Vorgänge, die er als Politiker verfolgt hat, als Bundesrichter entscheiden muss?

Dr. Rainer N. Waubke, Starnberg

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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