Weitere Briefe:Kamerun und Paris

Ein Leser sieht es als schädlich für die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung an, wenn der Staat Asylbewerber zu wenig fordert - wie an einem aktuellen Fall gesehen. Ein anderer Leser fragt, warum Deutschland Frankreich in seinen Reformbemühungen unterstützen sollte.

Das schadet der Hilfsbereitschaft

"Nackt unter der Brücke" vom 15. Mai und "Staat darf Asylgeld auf Minimum kürzen" vom 13./14. Mai: In dem aktuell vom Bundessozialgericht in Kassel entschiedenen Fall handelt es sich offensichtlich um einen Wirtschaftsflüchtling aus Kamerun, der unser ohnehin arg strapaziertes Sozialnetz unerträglich belastet, wobei er leider keinen Einzelfall darstellt. Einzig kritikwürdig ist die unverständliche Langmut der Ausländerbehörde, wenn sie den Flüchtling allein von 2004 bis 2013 insgesamt 19 Mal vergeblich zur Mitwirkung bei der Pass-Beschaffung aufgefordert hat, bevor sie sich endlich zu Sozialleistungskürzungen entschloss. Solche Negativbeispiele von rechtswidriger Aufenthaltserzwingung zulasten der deutschen Steuerzahler schaden letztlich den wirklich Bedürftigen, weil dadurch die Hilfsbereitschaft der einheimischen Bevölkerung beeinträchtigt wird. Manfred Schmidt, Baldham

Jahrelang im Fahrersitz

"Europas letzte Chance" vom 12. Mai: Der Artikel erweckt den Eindruck, dass Deutschland Frankreich wie einen Familienangehörigen zu unterstützen habe. Diese Idee ist typisch deutsch, in französischen Publikationen gibt es solche Ideen gegenüber Deutschland nicht. Bis jetzt hat Frankreich seine nationalen Interessen immer zu wahren gewusst, schon als es die EU mit ins Leben rief. Natürlich ging es um Frieden und Wohlstand in Europa, aber auch darum, Frankreich weiter eine Großmachtrolle zu ermöglichen. Wie eine britische Zeitung schrieb: Frankreich saß viele Jahre bequem im Fahrersitz des europäischen Autos, mit Deutschland als dem Motor (sprich: dem Geldgeber). Das blieb so bis zur Wiedervereinigung.

Obwohl der französische Präsident und die britische Premierministerin nach Moskau reisten, um die Wiedervereinigung zu verhindern, hatten sie keinen Erfolg. Aber alle europäischen Staaten haben ihr Mitspracherecht genutzt, um ihre nationalen Interessen durchzusetzen. Deutschland musste die Kosten des Wiederaufbaus der "DDR" völlig alleine tragen.

Als Deutschland in den 90er-Jahren wirtschaftlich schwach da stand, wurde es nicht solidarisch unterstützt, sondern aufgefordert, seine Wirtschaft zu reformieren.

Das Gleiche gilt heute für Frankreich: Es muss sein System reformieren, so wie es Spanien, Portugal und Irland nach der Finanzkrise getan haben. Werner Huchatz, Augsburg

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