Süddeutsche Zeitung

Weitere Briefe:Auslegung erforderlich

Das Amt des Richters bietet Spielraum, um Signale zu setzen. Auch bei der Frage nach dem Entkriminalisieren von Drogen hängt viel von der Interpretation ab.

Haltung zeigen

Zu "Aus den Augen" vom 10. Oktober: Es braucht offenbar Mut, um in der rechten Szene Nachforschungen anzustellen. Gut, dass die SZ dranbleibt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen Beate Zschäpe bestätigt. Das war eine anerkennenswerte juristische Leistung. Aber den Mitläufern des NSU ist das Landgericht in München erstaunlich milde begegnet. Schon damals war das Unbehagen groß, weil die Urteilsverkündung falsche Signale setzte. Vermutlich aus Angst vor Befangenheit ließ der Vorsitzende Richter kein Mitgefühl für die Angehörigen erkennen - er gedachte der Opfer nicht - den verzweifelten Vater bremste er aus - dem Jubel der Sympathisanten ließ er Raum. Seltsam war das. Dass es auch anders geht, zeigt der Prozess gegen den Attentäter von Halle. Ursula Mertens, Vorsitzende Richterin am Landgericht Magdeburg, zeigte Haltung. Sie duldete kein selbstgefälliges Imponiergehabe des Attentäters und sie gedachte in einem einfühlsamen Nachruf der Opfer. Man darf also gespannt sein, welche Menschen in den anhängigen Verfahren entscheiden werden.

Waltraud Klockenbusch, Münster

Naturwissenschaftliche Logik

Zu "Möderkraut und lecker Bier" vom 12. November: Ronen Steinke vertritt in seinem informativen Beitrag eine rechtssoziologisch nachvollziehbare These zur Kriminalisierung von Drogen. Die von ihm am Ende zitierte Argumentation von Thomas Fischer kann man allerdings durchaus auch einer "naturwissenschaftlichen Logik folgend" anders deuten, zumindest wenn man Gesundheitsschutz und allgemeine Handlungsfreiheit ähnlich gewichtet: Nämlich nicht so, dass Marihuana notwendigerweise legalisiert werden sollte, sondern dass auch Alkohol und Tabak kriminalisiert werden sollten.

Prof. Sebastian Wolf, Konstanz

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Quelle:
SZ vom 23.11.2021
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