Weitere Breife:Reisen mit Corona,  Clubleben, Stilfragen

Warum Fahrten in Zügen genauso riskant sein könnten wie das Fliegen. Über die eher geringe Bedeutung von Techno-Clubs für Berlin und überflüssige Beschreibungen von Personen in der Zeitung.

Das Virus fährt auch Zug

Zu "Das Virus fliegt mit" vom 19. Juni: Ein Kompliment für den informativen und differenzierten Artikel über die mögliche Verbreitung von Covid-19-Viren in voll besetzten Flugzeugen und über die Tatsache, dass zu der Viren-Verbreitung in Zügen "noch weniger bekannt ist als zum Flugzeug". In diesem Zusammenhang zitiert Autorin Berndt den Aerodynamikforscher Claus Wagner von der DLR, der jedoch in meinen Augen bezüglich der Situation in den Zügen "blauäugig" ist. Zwar sind Züge in der Regel nicht so dicht besetzt wie Flugzeuge - die durchschnittliche Auslastung ist auf der Schiene nur ungefähr halb so hoch wie in der Luft -, aber wie häufig sind Züge hoffnungslos überfüllt: Alle Stehplätze in den Mittelgängen und vor den Außentüren sind besetzt, was in den stehplatzlosen Flugzeugen bekanntlich überhaupt nicht vorkommt. Vor dem Aussteigen aus dem Zug stehen die Reisenden ohnedies dicht gedrängt und warten, bis sich endlich die Türen öffnen; umgekehrt staut sich beim Einsteigen auf dem Bahnsteig vor den Waggons regelmäßig ein dichter Pulk von Fahrgästen, die den Sicherheitsabstand keineswegs einhalten. Meine Konsequenz als Angehöriger einer Hoch-Risikogruppe lautet: nicht mit dem Zug fahren und schon gar kein Flugzeug benutzen, bis die größte Ansteckungsgefahr vorbei ist.

Karlheinz Rößler, München

Bedeutung wird überschätzt

Zu "Die letzten Tage von Berlin" vom 13./14. Juni: Dass Berlin den Clubbetreibern gehören soll ("Das ist immer noch unsere Stadt"), kann ich nicht nachvollziehen. Dieser Eigentums-/Besitzübergang in den wilden Jahren nach 1989 ist mir als seit Jahrzehnten mit der Stadt verbundenem Berliner entgangen. Und dass die Zukunft Berlins davon abhängen soll, dass Jugend aus aller Welt sich hier drei Tage mit Techno und Drogen zudröhnen darf, überzeugt ebenfalls nicht. Übrigens ist Techno meines Wissens jetzt weg - die Drogen, die viele Menschenleben zerstören, sind noch da. Da hätten die Techno-Betreiber ein großes Betätigungsfeld für Aufräumarbeiten. Dass Berlins Bürgersteige besenrein werden könnten, befürchte ich nicht.

Interessenvertretung ist ja legitim. Interessen mit der Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens gleichzusetzen, resultiert meist aus grenzenloser Selbstüberschätzung.

Peter Rzepka, Berlin

Überflüssige Beschreibung

Zu "Symbolfigur des Widerstands" vom 10./11. Juni: "Igor Tuleya, 49 Jahre alt, markante blaue Brille, widerspenstig nach oben strebender Haarschopf" - wo lernt man eigentlich, Mode, Frisur oder andere Exterieurs zur Charakterisierung eines Interview-Partners heranzuziehen? Diese sind so überflüssig wie lästig, sie sind klatschspaltenverdächtig. Der aufrechte polnische Richter, der in dem Stück beschrieben wird, ist nicht aufsässig, wie sein "widerspenstig nach oben strebender Haarschopf" insinuiert, - so wenig, wie er ein Genie wäre, wenn er eine Einstein-Perücke trüge.

Dr. Hans-Georg Fritz, Berlin

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