Volkswagen:Mit Kant vielleicht nicht

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Die Lektüre von Philosophen wie Platon, Sokrates und Kant sollte Pflichtlektüre für Führungskräfte werden. Dann hätten sich die Verantwortlichen des Dieselkandals bei Audi den entstandenen Schaden vielleicht erspart.

"Volle Härte" und "Wenn der Chef es besser weiß" vom 5./6. Mai:

Das wird spannend

Nun will also die Volkswagen AG ihren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn aufgrund der Dieselaffäre haftbar machen und Schadenersatz fordern. Ist dies gegen einen "Angestellten" möglich? Hierfür kommt für Vorstände - neben möglichen arbeitsvertraglichen Regelungen - die aus dem US-Rechtskreis wurzelnde Business-Judgment-Rule (BJR ) infrage, die im deutschen Recht in § 93 Abs. 1 Aktiengesetz kodifiziert ist. Danach hat der Vorstand die Sorgfalt(-spflicht) eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Hat der Vorstand diese Pflicht(en) verletzt, ist er (oder sie) zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies wären aktuell mehrere Milliarden Euro und für Winterkorn der Verlust seines kompletten Vermögens und der bürgerlichen Existenz. So schnell wird VW aber Winterkorn nicht belangen können. Denn das Gesetz formuliert weiter, dass eine Pflichtverletzung dann nicht vorliegt, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft gehandelt zu haben. Nun könnte man rückblickend relativ einfach feststellen, dass Winterkorn aufgrund des für VW hohen Schadens unvernünftig gehandelt hat. Bei einer unternehmerischen Entscheidung handelt es sich aber stets um eine zukunftsbezogene Entscheidung, die retrospektiv nicht selten anders beurteilt wird als prospektiv. Deshalb haben die Gerichte bei sog. Rückschaufehlern lediglich einen eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Es wird spannend, inwieweit Winterkorn nachweisen kann, dass er bei seinen damaligen Entscheidungen basierend auf angemessenen Informationen zum Wohle von VW gehandelt hat. Ein kleiner Trost bleibt ihm: Hat VW eine Managerhaftpflichtversicherung abgeschlossen, wäre seine Haftung auf einen Selbstbehalt beschränkt. Dieter Martin, Rot an der Rot

Welche Strafe?

Was ist das für eine Strafe, wenn Martin Winterkorn nicht mehr ins Ausland reisen darf, ohne in die USA überstellt zu werden? Große Teile der Bevölkerung können nicht ins Ausland fahren, weil sie dafür schlicht kein Geld haben. Die USA und Europa bilden eine Wertegemeinschaft, die USA sind ein Rechtsstaat. Winterkorn müsste ein Interesse daran haben, seine Unschuld zu beweisen und sich unverzüglich in die USA begeben. Solange er sich in Deutschland vor einem Prozess versteckt, deutet das auf seine Schuld hin. Karl Evers, Mülheim

Pflichtlektüre für Führungskräfte

"Schlag nach bei Platon" vom 9./10. Mai: Als philosophisch interessierter Leser kann ich den Vorschlag, Platons Werk Politeia sollte in der Bibliothek des italienischen Staatspräsidenten einen Platz haben, nur begrüßen, hat Platon das abendländische Denken doch entscheidend geprägt. Allerdings muss angemerkt werden, dass er damals mit der Umsetzung seiner Idee eines Philosophenstaates gescheitert ist. Insoweit erscheint mir der Vorschlag "Schlag nach ..." wenig hilfreich. Stattdessen möchte ich den Verantwortlichen von Audi zurufen: Schlag nach bei Kant! Hätten sie vor dem Dieselskandal den Kategorischen Imperativ gelesen und verstanden, wäre ihnen der entstandene Schaden vielleicht erspart geblieben. Die Beschäftigung mit Sokrates, Platon, Aristoteles und Kant sollte in jedem Führungsseminar zur Pflicht werden. Hans Stein, Poing

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