Verkehrsministerium:Eine komplexe Aufgabe

Ein SZ-Report über missglückte Verkehrspolitik hat Leser zu Fragen provoziert. Warum gab es Bahnchefs aus der Autoindustrie? Warum wird beim Lastverkehr nicht mit Tirol kooperiert? Ein Leser erlebte den ersten Autobahnbau.

Verkehrsministerium: Viele Baustellen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (li.) mit Bahnchef Richard Lutz.

Viele Baustellen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (li.) mit Bahnchef Richard Lutz.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Zu "Die Drei von der Baustelle", Buch Zwei vom 24./25. August:

Chefs aus der Autoindustrie

Ebenso wie die Daueransiedlung des Bundesverkehrsministeriums bei der CSU (immerhin schon zehn Jahre) beklagenswert ist, so sehr ist auch die Herkunft der Bahn-Vorstände Dürr, Mehdorn, Grube und Lutz seit der Privatisierung der Deutschen Bahn kritisch zu betrachten. Dürr, Mehdorn und Grube kommen aus dem Daimler-Imperium (Automobil, Luftfahrt), und Lutz stieg unter Dürr, Mehdorn und Grube auf der DB-Karriereleiter ganz nach oben auf.

Die Frage ist, ob Manager mit solcher Vorprägung ein großes Interesse haben, das Transportsystem Bahn so aus- und umzubauen, dass es eine echte Alternative zum Straßen- und Luftverkehr ist.

Dr.-Ing. Hermann Noth, Dieburg

Hitlers Pläne wirken bis heute

Gegen Ende der 1930er-Jahre erlebte ich als kleiner Junge die gefeierte Einweihung der heutigen A 4 im Westsächsischen. Den dabei gebrüllten Begriff "Straßen des Führers" hörte ich da erstmals, begriffen habe ich ihn erst sehr viel später. Die Deutschen sollten ein Volk der Autofahrer werden, hatte Hitler bald nach Machtantritt verkündet. Zum Autobahnbau wurden dafür die Planungsstäbe der Deutschen Reichsbahn abkommandiert. Die Degradierung der deutschen Bahnen gründet darin.

Heute führen auf München und Nürnberg als ehemalige "Hauptstädte der Bewegung" je sieben Autobahnen zu, mehr denn auf jede andere deutsche Großstadt hin. Zufall? Die bayerischen Verkehrsminister betonierten die in den Dreißigern befohlene Strategie munter fort, in Allianz mit der ebenfalls seither dominierenden Autolobby im Land. Unendlich viel von vernetztem Verkehr und ökologisch sinnvoller Mobilität wurde dadurch blockiert.

Ein dreißig Jahre nach der deutschen Einheit besonders beschämendes Beispiel dafür: Die im tiefsten Kalten Krieg sogar durchgehend befahrene Bahnstrecke Dresden - München ist bis heute zwischen Hof und Nürnberg nicht elektrifiziert und erfordert mehrfaches Umsteigen. Von West nach Ost führende Autobahnen hingegen wurden seit 1990 meist sechsspurig ausgebaut, teils mit tieferem Eingriff in die Landschaft als zu Zeiten der Ersterbauung. Wann werden die Schatten der Dreißigerjahre überwunden und findet Deutschland zu einer vernetzten Mobilität, wie sie uns einige Nachbarstaaten beispielhaft zeigen?

Prof. Karl Clauss Dietel, Chemnitz

Ein neuer Minister

Die drei CSU-Protagonisten versenken seit Jahr(zehnt)en Steuergelder in absurden Größenordnungen und bestechen, einer wie der andere, durch völlig falsche Prioritätensetzung. Dass solche Ministerien, in denen man ein Höchstmaß an Innovationskraft verorten muss, außer tumber Automobilhörigkeit praktisch nichts zustande bringen, ist per se skandalös. Die vorgestellte Liste aller offenen Projekte spricht für sich und ist nicht einmal vollständig - wie auch? Denn Umsetzungshärte und Wirksamkeit eingeleiteter Maßnahmen sind nicht vorhanden beziehungsweise nicht sichtbar.

Das Aufgabenspektrum insbesondere des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur hat eine Führungsperson an der Spitze verdient, die (sehr) komplexe Strukturen versteht, infrage kommende Lösungen zielsicher nach ihrer Güte selektiert und dann für deren Implementierung in machbarem Zeit- und Kostenrahmen steht. Wer stattdessen seine Zeit und Energie mit E-Scootern, die auf Busspuren fahren sollen, und ähnlich mickrigen Themen verplempert, zudem mit der unsäglichen Maut Millionen von Steuergeldern versenkt hat, sollte nicht ein solches Ministerium leiten.

Ralph Damm, Olching

Kooperation mit Tirol

Schöne Worte: Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Warum fängt der Verkehrsminister in Südbayern nicht damit an? Es sind noch Kapazitäten auf der existierenden Bahnstrecke München - Rosenheim - Kufstein frei. Das wäre überzeugend, was die latente Diskussion zum Bedarf angeht: wenn jedes Jahr pro Tag zehn Güterzüge mehr in Richtung Brenner unterwegs wären und der Lkw-Verkehr abnimmt. Dann würde auch hier in der Rosenheimer Region die Motivation wachsen, mit Infrastruktur nachzuhelfen. So aber bleiben die Absichtserklärungen unglaubwürdig. Viele Menschen befürchten einfach, dass mit viel Aufwand eine weitere riesige Schneise mit Infrastruktur in die Landschaft geschlagen wird und am Ende die Güter doch wie bislang auf der Autobahn transportiert werden, so wie in den vergangenen zehn Jahren.

Die Landesregierung von Tirol handelt vorbildlich: Sie drängt mit allen Mitteln darauf, dass die Güter auf der Bahn transportiert werden und schützt ihre Bürger davor, dass nicht immer noch mehr Lkw die Straßen verstopfen und die Luft verpesten. Eine Kooperation mit den Nachbarn auch auf bayerischer Seite mittels Korridormaut oder anderer Mittel wäre geboten. Stattdessen werden in Bayern weitere Parkplätze für Lkw längs der Autobahn gebaut. Solche Taten widersprechen den Worten eklatant.

Dr. Willi Messing, Bad Aibling

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