Verbrennungsmotor:Ohne Verbot geht nichts

Soll die Politik mit dem Verbrennungsmotor Schluss machen? Nur Zwang schafft Innovation, sagen die einen. Der Markt weiß es besser, sagen die anderen. Und ein Leser sieht die Brückentechnologie zwischen Ottomotor und Batterie längst gekommen.

"Schluss mit Otto" und "Weltfremde Politiker" vom 27. Juli:

Schluss von 2030 an

In der Debatte zwischen Patrick Illinger und Marc Beise darf ein Gedanke nicht unerwähnt bleiben: Die Abschaffung des fossilen Verbrennungsmotors ist nur die Operationalisierung der klimapolitischen Beschlusslage in Deutschland. Bis zum Jahr 2050 soll der Verkehrssektor klimaneutral sein. Laut Statistik beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines Pkw bis zur Verschrottung 18 Jahre. Demnach dürfen um das Jahr 2030 keine fossilen Verbrenner mehr neu zugelassen werden. Das ist ethisch geboten, weshalb die Politik das Datum setzen muss. Nur dann wird Klimaschutz konkret. Dr. Volker Leib, Taufkirchen

Verantwortungsvoll verbieten

In einer Zeit, in der Tausende Menschen wegen drastisch erhöhter Stickoxide in unseren Städten erkranken und sterben, in der die gravierenden Folgen der Umweltbelastung durch Kohlendioxid (Abgase der Verbrennungsmotoren) dem Gemeinwohl weltweit schaden, ist es verantwortungslos, nicht für ein Verbot zu plädieren. Marc Beise nennt Politiker weltfremd, die der Autoindustrie vorschreiben wollen, von wann an Verbrennungsmotoren nicht mehr zugelassen werden. Ist gerade das nicht naiv? Die Zukunft der individuellen Mobilität allein der deutschen Autoindustrie zu überlassen? Nachdem sie nachweislich seit sieben Jahren nur durch verbotene Konzernabsprachen und Betrug am Käufer ihre umwelt- und gesundheitsschädlichen Autos auf den Markt bringen konnte? Der Autor sagt, dass der Bewusstseinswandel hin zu einer alternativen Motortechnik in der Wirtschaft und bei den Bürgern, also den Käufern, noch nicht vollzogen sei. Warum mussten dann die Käufer, die umweltverträglichere Autos wollten, sowohl beim

Nicht absaufen

Es ist schön, dass unsere Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries ein langfristiges Verbot von Verbrennungsmotoren ablehnt. Nur wird der weltweite Anstieg der CO₂-Emissionen - die meisten Länder sind willens, die Fehler des Westens zu wiederholen - bewirken, dass die Menschheit die Entscheidung treffen muss, ob sie überleben will und bereit ist, sich für dieses Ziel einzuschränken. Oder ob sie weiterfeiert, bis das Schiff untergeht. Die Titanic hat auch zu spät umgelenkt. Erich Würth, München

CO₂-Ausstoß der Benziner als auch bei den Stickoxidproblemen der Dieselmotoren durch die Hersteller betrogen werden? Roswitha Teuber, München

Der Markt richtet's

Es ist richtig, dass ein Umstieg vom Verbrennungsmotor auf den Elektroantrieb nicht durch ein gesetzliches Verbot des Verbrennungsmotors bewerkstelligt werden sollte. Über die Zulassung von Neuwagen könnte der Staat den Umschwung fördern und die deutschen Autohersteller dazu bringen, sich vom Verbrennungsmotor zu verabschieden. Die Grünen propagieren diesen moderaten Ansatz, der Folgendes will: Autofahrer fahren ihre Benzinkutschen, bis sie ausgedient haben. Und die Autohersteller überlegen sich, wie sie mit dem deutschen E-Auto-Markt der internationalen Konkurrenz Paroli bieten können. Eine weitere Marktdynamik entstünde, wenn man die Betreiber von Hotels und Gaststätten, von Geschäften und Einkaufszentren durch angemessene Anschubfinanzierung dazu motivieren könnte, ihre Parkplätze mit Ladeeinrichtungen für E-Autos und E-Fahrräder auszustatten. Albert Hartl, Eichenau

Worauf warten?

Weltfremd ist es, wenn Herr Beise ein Datum zum Verbot von Verbrennungsmotoren ablehnt. Ohne zeitliche Vorgabe durch die Politik wird gar nichts passieren. So war es auch bei der Atomenergie. Wenn ein Zeitrahmen von bis zu 23 Jahren nicht ausreicht, um das System zu verändern, wann dann? Und dann dieses ewige Schreckensszenario um einen möglichen Verlust von Arbeitsplätzen. Das war schon damals so, als das Thema Umweltschutz geboren wurde. Der Schutz der Menschen interessiert aber weder die Industrie noch die Politik noch deren beratende Institute. Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei den Zulieferern werden erst dann verloren gehen, wenn die Technik zur Elektromobilität gänzlich nach China abwandert. Es ist doch jedem klar, dass es den Verbrennungsmotor (nicht nur im Auto) noch länger geben wird. Es geht ja erst einmal nur um den Verkauf solcher Fahrzeuge. Mischsysteme werden wir noch lange brauchen. Ingrid Novosad, Planegg

Umwelt interessiert nicht

In "Schluss mit Otto" werden die bekannten Nachteile und Absurditäten der Verbrennungsmotoren aufgelistet, um es sich dann mit der Schlussfolgerung einfach zu machen: Wenn die Industrie das nicht macht, dann muss eben der Gesetzgeber ran. Ganz wie im Märchen, wo das "Wünsch-dir-was" noch was zählt. In "Weltfremde Politiker" wird erklärt, dass die Politik bloß nicht "ratzfatz" auf den raschen Systemwechsel weg von der Verbrennung hin zur E-Mobilität eingehen sollte, weil diese nur die Forderung einer Minderheit sei, vor allem aber in weiter Zukunft liegt. Und was ist mit der Brückentechnologie des von Gas getriebenen Verbrennungsmotors? Es gibt die Technik längst ausgereift auf dem Markt, bloß dämmert sie weitgehend unbeachtet vor sich hin. Dabei gäbe sie der E- oder Wasserstoff-Industrie die noch notwendige Entwicklungszeit, vor allem aber hat sie die Umweltprobleme der bisherigen Motortechnik schon gelöst. Bloß dieser Antrieb wird vom Fünfer- Autokartell systematisch ausgebremst. VW hat einen brandneuen 3-Zylinder CNG-Motor für Kleinwagen entwickelt und in diesem Frühjahr vorgestellt, bringt ihn aber wegen der Kartellabsprachen mit den vier Freunden nicht auf den Markt. Sicher auch, weil man damit nicht genug verdient - allemal wichtiger als Umweltschutz, aber der ist ja ohnehin nur fürs Marketing wirklich wichtig. Peter Kuhlen,Berlin

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