Süddeutsche Zeitung

UV-Schutz:Auf der Suche nach Schatten

Die Sonne sendet gefährliche UV-Strahlen, vor denen man sich schützen sollte - auch auf Balkon, Terrasse und im Garten. Wie und mit welchen Materialien das am besten gelingt.

Von Jochen Bettzieche

Sommer, Sonne, Sonnenschein - in den warmen Monaten des Jahres erweitern Balkone, Terrassen und Gärten die Wohnfläche. Viele zieht es dann ins Freie, und das immer öfter und länger, denn die Zahl der Sonnenstunden legt im Mittel seit Jahren zu. Für den Menschen ist das nicht ganz ungefährlich.

Sonnenlicht enthält ultraviolette (UV) Strahlung, die Hautkrebs auslösen kann. Mittlerweile erkranken in Deutschland nach Angaben der Deutschen Krebshilfe pro Jahr 304 000 Menschen an der Krankheit. Schutz ist wichtig, denn menschliche Augen sehen UV-Licht nicht, und es ist daher nicht erkennbar, wo die Belastung hoch und wo sie niedrig ist.

Erst Anfang April warnte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), dass infolge des Klimawandels die Zahl der Sonnenstunden in Deutschland steige. "Der März 2022 war mit sehr deutlichem Abstand (...) der sonnenscheinreichste seit Aufzeichnungsbeginn 1951 und übertraf damit sogar den vieljährigen Mittelwert für den Juli", berichtet der Deutsche Wetterdienst.

Sonnenlicht enthält die drei UV-Lichtarten A, B und C. Nur A und B erreichen die Erdoberfläche. Beide schaden der Haut und den Augen. "UV-B ist energiereicher als UV-A und Hauptursache für Sonnenbrand", sagt Cornelia Baldermann, wissenschaftliche Oberrätin in der Arbeitsgruppe Optische Strahlungen beim BfS.

In Gebäude dringt die Strahlung kaum ein, hier ist man vor Schäden durch Sonnenlicht in der Regel geschützt. Mit Ausnahme von Menschen mit einer photosensitiven Krankheit ist selbst der Aufenthalt hinter einer vollverglasten Fassade unbedenklich, erklärt Baldermann: "Fensterglas lässt UV-B-Strahlen nicht und UV-A nur vermindert durch."

Es gibt internationale Richtwerte für UV-Schutz. Doch: Kein Material schützt unbegrenzt vor der Sonne

Im Freien ist das anders. Menschen benötigen daher Schutz auf Balkonen, Terrassen und im Garten. Den bieten Sonnenschirme, Markisen oder Sonnensegel. Bei der Kaufentscheidung hilft der Richtwert Ultraviolet Protection Factor (UPF), um verschiedene Stoffe und Materialien zu vergleichen. Denn nicht jedes Gewebe schützt gleich gut vor Sonneneinstrahlung. Wissen sollte man, dass drei Standards für den UPF-Wert existieren: der australisch-neuseeländische Standard, die europäische Norm DIN EN 13758 und der UV-Standard 801. Dieser berücksichtigt im Gegensatz zu den anderen beiden auch die Einflüsse von Abnutzung und Witterung auf die Schutzwirkung des Materials.

Darüber hinaus gilt als Faustformel: Dunkle Farben schützen besser als helle, dicke Materialien besser als dünne - und nichts schützt unbegrenzt. Egal, wie viel Schatten eine Markise spendet, egal wie viel Sonnenschutzcreme man aufträgt - beides verlängert nur die Zeit, die Menschen maximal im Freien verbringen sollten, um ihre Haut nicht zu schädigen.

Immobilienbesitzer sollten vor dem Kauf außerdem bedenken, dass ihr Sonnenschutz auch allen Baurechtvorgaben und der Hausordnung genügen muss. "Alles, was ich aufstellen und wegnehmen kann, kann ich in der Regel verwenden", sagt Julia Wagner, Rechtsexpertin beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Wer jedoch auf seiner Dachterrasse ein fest montiertes Sonnensegel anbringen will, muss aufpassen, dass er zum Beispiel die erlaubte Höhe des Gebäudes nicht überschreitet. "Sonst könnte es baurechtliche Probleme geben", sagt Wagner.

Für Mieter gelten bei fest installiertem Sonnenschutz ähnliche Vorgaben wie für Eigentümer

Noch aufwendiger wird es bei einer Eigentümergemeinschaft. Mobiler Schutz wie ein Sonnenschirm gehört zur Nutzung, erläutert die Juristin: "Will ich aber eine Markise über Balkon oder Terrasse anbringen, muss die Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit beschließen." Sonderregeln gelten bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. "Eigentümer sollten bei der zuständigen Behörde nachfragen, was erlaubt ist", rät Wagner in diesem Fall.

Für Mieter gelten ähnliche Vorgaben wie für Eigentümer. Auch sie dürfen einen Sonnenschirm aufstellen. Fest installierte Markisen und Sonnensegel sollte der Vermieter jedoch genehmigen. Das müsse er auch, erklärt Jutta Hartmann, Sprecherin beim Deutschen Mieterbund in Berlin. Denn es gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass sich der Mieter vor starker Sonneneinstrahlung schützen kann. Selbst aktiv werden muss der Vermieter jedoch nicht. "Dieser ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Mieterinnen und Mieter vor Sonneneinstrahlung auf dem Balkon zu schützen, eine Art der Fürsorgepflicht gibt es vorbehaltlich anderweitiger Absprachen nicht", sagt Hartmann.

Gartenbesitzer haben eine weitere Möglichkeit, sich vor UV-Strahlen zu schützen: Sie können den Schatten von Pflanzen nutzen. Auch dabei sollte man den tatsächlichen Strahlenschutz beachten. "Sträucher oder niedrige Bäume spenden beispielsweise keinen ausreichenden Schatten", erklärt BfS-Expertin Baldermann. Bäume mit einer dichten Krone und großem Schatten hingegen reduzieren die Intensität von UV-Licht. Eine andere Möglichkeit sind Pavillons, die Schatten spenden und unter denen sich Gartenmöbel gut platzieren lassen.

Vorsicht ist bei Reflexionen von Teichen und Pools geboten. Das Wasser spiegelt die einfallende Strahlung und erhöht so die Belastung in der Umgebung. Selbst die Fassade von Gebäuden kann eine Rolle spielen. "Rauer, weißer Putz reflektiert beispielweise weniger stark UV-Strahlung als glatter", erklärt Baldermann.

Bauherren können das bei der Planung berücksichtigen. Es ist aber kein Grund, ein Bestandsgebäude neu zu verputzen. Ohnehin sind alle Maßnahmen an der Immobilie nur eine Ergänzung. Am wichtigsten sei der Selbstschutz, sagt der Münchener Dermatologe Christoph Liebich: "Das heißt, sich mit Sonnencreme einzuschmieren und von elf bis 16 Uhr nicht in der Sonne zu sein."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5602626
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/case
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.