Süddeutsche Zeitung

Ungleichheit:Viele Millionen prekär beschäftigt

Zahlen belegen, was Menschen fühlen: Die Reichen werden reicher, ihre Mieten und Aktien steigen. Arme, darunter auch Arbeitnehmer, können sich weniger leisten. Die Politik soll gegensteuern, finden Leser.

Zu "Sozialismus als Obsession" vom 10. Mai, "Das Klima wird rauer" vom 8. Mai und "Weniger als 2000 Euro brutto" vom 29. April:

Es ist schon erstaunlich, welche Reaktionen die jüngsten Thesen des Juso-Chefs Kevin Kühnert in den Medien hervorgerufen haben. Seine Forderung nach Verstaatlichung lassen bestimmte negative Entwicklungen in unserer Gesellschaft sehr deutlich werden. Autor Harald Freiberger benennt sie in einem sachlich gehaltenen Grundtenor: Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich zwischen 1991 und 2016, die inzwischen für ein demokratisches System, für das Gleichheit eine Grundforderung sein sollte, bedenklich geworden ist. Dazu kommen Mieten, die von Normalverdienern kaum zu leisten sind. Der Autor zeigt auch auf, dass Politik gegensteuern muss, um den sozialen Frieden in Deutschland für die Zukunft zu sichern. Freiberger vertritt eine andere Grundhaltung als Kühnert, leistet aber trotzdem einen Beitrag zu einer sachlichen Diskussion. Warum hat man den Eindruck, dass es demgegenüber dem Autoren Magnus Brechtken vor allem darum geht, Kevin Kühnert "in den Senkel" zu stellen? Nach der Lektüre des Artikels "Sozialismus als Obsession" bleibt der Eindruck, dass es Brechtken vor allem darum geht, die "Sozialismus versus Kapitalismus"-Debatte wieder anzuheizen. Richtungsweisende Vorschläge zur Steuerung der Vermögensungleichheit hat er nicht anzubieten.

Helmut Gattermann, Merzhausen

Nicht nur diesen 3,38 Millionen Menschen, die in Vollzeit-Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, geht es wie vielen Betroffenen auch in bekannten und unbekannten Prekär-Arbeitsverhältnissen schlecht; jedoch unbemerkt und im Abseits der Gesellschaft. Es muss legitim sein, dies sagen zu dürfen, und demnach auch, dass die Statistiken so nicht haltbar legitim kommuniziert werden dürfen; somit auch nicht in dieser Art und Weise stimmen können. Dies verhindert auch eine bestimmt angelegte Polemik und Rhetorik, die die Politik und andere Lobbyakteure verwenden.

Zusammengefasst kann man sagen, dass etwa zehn Millionen Menschen von diesem "Beschäftigungsphänomen" betroffen sind; die Dunkelziffer der Betroffenen kann wesentlich höher liegen. Zu dieser Menschenmasse zählen alle Betroffenen, die beispielsweise als "Aufstocker", Start-upler, Ein-Euro- und Ein-Stunden-Jobber, Zeit- und Leiharbeiter, Tagelöhner und vieles andere in Ausbeutungs- und Prekärbeschäftigungen (auch Paketzusteller ...) tätig sind. Danach differenziert sich die Darstellung der Konvention zur Erwerbstätigkeit, und der Begriff der "Vollbeschäftigung" entsprechend aus. Das lässt die legitime Frage zu: Wie gestaltet sich die spezifizierte Arbeitsgesellschaft tatsächlich aus, und wie viel Demokratie steckt noch in ihr?

Wolfgang E. Frank, Augsburg

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Quelle:
SZ vom 23.05.2019
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