Umweltschutz:Problem Plastikmüll

Das Verbot von Plastiktüten ist ein zu zaghafter kleiner Schritt in Sachen Umweltschutz, kommentieren SZ-Leser - und deuten auf weitreichendere Möglichkeiten hin.

Das ändert sich im Januar 2022

Was hilft ein Verbot von Plastiktüten?

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Zu "Schrittchen aus der Wegwerfgesellschaft" vom 30. Dezember:

Schluss mit dem Müll-Export

Wie vermeiden wir Plastikmüll? Ganz einfach: Wir verbieten den Export von Plastikmüll. Es ist unglaublich, aber wenn der Betrieb im Ausland zusichert, dass er den Plastikmüll aufbereitet, gilt der Export als recycelt. Wer kontrolliert das? Niemand. Bei uns ist das Recyceln teurer. Wenn wir den Export verbieten, ist Schluss mit dem Versenden des Mülls nach Asien oder Afrika. Denn dort wird er nicht recycelt, sondern von Kindern durchsucht, um ein paar Euro zu verdienen. Unser Müll versaut ganze Landstriche in den Empfängerländern. Wenn Plastikmüll bei uns verboten wird, müssen sich die Verbreiter des Mülls Gedanken machen. Wir dürfen nicht wirtschaftliche Vorteile daraus ziehen, dass andere unseren Müll entsorgen, ohne dafür bezahlt zu werden.

Axel Bock, München

Das Wegwerfen muss aufhören

Wir sollen uns freuen, dass weniger Kunststofftüten verwendet werden sollen. Leider bewirken die beschlossenen Maßnahmen angesichts der Ausnahmen kaum eine Veränderung. Und wenn, dann nichts in Sachen Umweltschutz. Das liegt erstens daran, dass Tüten am Gesamtkunststoffverbrauch nur den Bruchteil eines Prozents ausmachen. Selbst wenn wir keine Plastiktüte mehr verbrauchen, ändert sich am Gesamtverbrauch praktisch nichts. Zweitens muss man sich vor Augen führen, aus was Kunststoff hergestellt wird. Wer jetzt Rohöl sagt, springt zu kurz: Ein Ausgangsstoff der fossilen Kunststoffe ist Naphtha, eine Fraktion von Rohöl, die je nach Ölsorte einen mittleren einstelligen Prozentsatz am Rohöl ausmacht. Bis in die 1950er-Jahre war das ein Reststoff der Ölverarbeitung und wurde großteils abgefackelt. Ein sehr geringer Anteil wurde als Feuerzeugbenzin verwendet. Der Punkt ist: Solange wir Rohöl fördern, um Treib- und Schmierstoffe herzustellen, haben wir automatisch den Ausgangsstoff für Kunststoff. Wenn wir den nicht mehr verwenden, fackeln wir ihn halt wieder ab. Gewinn für die Umwelt: null.

Drittens muss man die Alternative vergleichen, wenn man einen Werkstoff ablehnt. Bei Tüten ist das meist Papier (Baumwolle wäre viel teurer - allerdings bei sehr häufiger Benutzung auch am umweltschonendsten). Ignoriert wird hierbei, dass der deutsche Wald zu 99 Prozent bewirtschaftet wird, die Bäume also nur fürs Abgeholztwerden in der Landschaft stehen. Wo also soll denn das ganze Holz für die Millionen Papiereinwegtüten herkommen? Aus dem Urwald? Viertens erfordert die Papierherstellung einen hohen Energieverbrauch und Chemikalieneinsatz, pro Tüte um ein Vielfaches mehr als für eine aus Kunststoff. Nur der Rohstoff kommt aus der Natur, der Rest des Prozesses ist sehr umweltschädlich.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass man der Umwelt einen Bärendienst erweist, ein Wegwerfprodukt durch ein anderes zu ersetzen. Das vorzeitige Wegwerfen müssen wir abschaffen, nicht einen Rohstoff, den einige aus ideologischen Gründen ablehnen.

David Löh, Mannheim

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