Triage:Entscheidung mit Folgen

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Die Antwort auf die Frage, wer das Intensivbett bekommen soll, kann über Leben und Tod entscheiden. Doch welche Rolle soll dabei der Impfstatus spielen?

Intensivbetten sind derzeit begehrt. Doch wer darf im Fall der Fälle darin liegen? Für Ärzte ist die Entscheidung nicht immer leicht. (Foto: dpa)

Zu "Regierung und Fraktionen wollen schnell klare Regeln bei Triage schaffen" und "Angst vor dem Recht des Stärkeren" vom 28. Dezember:

Entscheidung,

Letzter zu sein

Bei der Diskussion über mögliche Reihenfolgen bei einer notwendig werdenden Triage finde ich es empörend, dass Impfverweigerer nicht von vornherein hinter alle anderen Gruppen gesetzt werden. Jeder, der eine Impfung verweigert, ohne einen medizinischen Grund zu haben, muss sich im Klaren sein, dass er erkranken kann. Diese Entscheidung trifft er für sich. Wenn bei einer notwendigen Triage andere hinter ihm eingereiht werden, hat er diese Entscheidung nicht mehr für sich getroffen, sondern es muss jemand sterben, der eventuell weiterleben könnte, wenn sich besagter Impfverweigerer hätte impfen lassen.

Wer sich auf seine Freiheit beruft, eine Impfung zu verweigern, dem muss auch klar sein (und das muss ihm im Vorfeld klargemacht werden), dass er sich im Falle des Falles gegen ein Weiterleben entschieden hat. Er hat die Verantwortung für diese Entscheidung selbst zu tragen. Aber die kann natürlich nur das eigene Weiterleben betreffen und nicht das von unbeteiligten Anderen.

Otto Kühnberger, Berlin

Schwarzer Peter bei den Ärzten

Erst baut man Betten oder gleich komplette Krankenhäuser zurück, weil diese einfach nicht mehr rentabel arbeiten; um sich danach darüber zu beklagen, dass man nicht mehr über genügend Bettenkapazität verfügt. Dann stempelt man die Krankenhausärzte zu den Buhmännern der Nation, weil sie nichts dagegen unternommen haben, den Abbau zu unterbinden. Irgendwann, wenn die Lage heillos verworren ist, trifft man sich vor dem Bundesverfassungsgericht, das am Schluss auch nur darauf hinweisen muss, dass der "Schwarze Peter" bei den Krankenhausärzten zu bleiben hat.

Klaus P. Jaworek, Büchenbach

Triage ist gang und gäbe

Das Thema Triage ist für Akutmediziner Alltag. Sie würden aber ihre Behandlungsentscheidungen nicht mit diesem martialischen Terminus in Verbindung bringen. Aber nicht in jedem Krankenhaus sind immer ausreichend viele Intensivbetten oder Plätze auf der Stroke-Unit vorhanden, also muss entschieden werden, welcher Patient früher als geplant auf die Normalstation verlegt werden kann, um einem eingelieferten Patienten mit Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma ein Intensivbett zu ermöglichen. Könnte es sein, dass unter Corona-Bedingungen solche Vorgehensweisen öfter als üblich praktiziert werden?

Hier das Beispiel eines Freundes, der seinen Vater in einer Chemnitzer Klinik verloren hat: Wegen des OP-Staus musste er sieben Stunden auf eine dringende Operation warten. Nach gelungener, schwerer Operation wurde er wegen des Bettenmangels schon nach eineinhalb Tagen auf die Normalstation gelegt; weil er sich "so gut" erholt hatte. Dort wurde ein Kreislaufkollaps zu spät bemerkt, die Reanimation war erfolglos. Diese Art der Triage passiert dieser Tage 100-fach und die Krankenhäuser werden überwiegend von Ungeimpften belastet; nicht von "Opfern" der Impfung. Pflegekräfte hören auf, weil die Belastung zu groß ist. Es ist dramatisch und wird noch schlimmer. Aber wenn sonst für nix, so kann Josefs Tod vielleicht für ein Umdenken gut sein.

Dr. Mathias Vogel, München

© SZ vom 04.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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