Treibhausgase:Die Kuh und der Kümmel

Ist die Biokuh ein Klimakiller? Leser bezweifeln das.

Machen Hörner Kühe glücklicher?

Kuh in der Schweiz.

(Foto: Gian Ehrenzeller/ dpa)

"Klimakiller Kuh" vom 12. Dezember:

Benedict Probst behauptet in oben genanntem Artikel, Biofleisch sei noch klimaschädlicher als konventionelles. Er bringt dafür drei Argumente, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen (wiewohl es natürlich auch im Biobereich Missstände gibt). Das erste Argument, Biotiere lebten länger und hätten deshalb mehr Zeit, Treibhausgas auszustoßen, entbehrt jeder Logik, da die Gesamtzahl der Tiere dadurch ja nicht größer wird. Ein weiteres Argument gegen Biohaltung, es würde da wesentlich mehr Land und Wasser verbraucht, ist so nicht zu halten: Wenn man all die Flächen miteinbezieht, die für die Produktion von Kraftfutter, überwiegend auf sehr klimaschädliche Art, etwa in Südamerika benutzt werden, sieht das schon ganz anders aus. Und keineswegs alle Weideflächen hierzulande wären für Ackerbau oder Gärten geeignet.

Ferner wird durch die Haltung von Tieren Wasser nicht ver-, sondern gebraucht, das heißt, es wird dem Wasserkreislauf nicht entzogen, sondern über vernünftige Düngung dem Boden wieder zugeführt. Schwerer wiegt Probsts drittes Argument: Da Biokühe mehr Gras und weniger Kraftfutter bekommen als konventionell gehaltene Kühe, und da bei der Verdauung von Gras mehr Methan freigesetzt werde als beim Kraftfutter, seien Biokühe eben noch klimaschädlicher als konventionelle. Hierzu gibt es in der Tat einige wissenschaftliche Untersuchungen, die zu dem Schluss kommen, im Hinblick auf den Methanausstoß seien mit Kraftfutter vollgepumpte Höchstleistungskühe die beste Variante. Leider fehlen differenziertere Studien, die dem Kraftfutter nicht nur "Grünland" gegenüberstellen, sondern Unterschiede zwischen hochgedüngtem, fünfmal geschnittenem reinem Grasland einerseits und echten, für die Biodiversität so wichtigen kräuterreichen "Wiesen" berücksichtigen, auf denen Heilkräuter wie zum Beispiel Kümmel oder Schafgarbe gegen Blähungen (= Methan) wachsen.

Dennoch: Könnte man zur Methanvermeidung nicht einfach auf Rinderhaltung verzichten? Zweifellos sollte man sie - und damit den Fleisch-/Milchkonsum - sehr stark reduzieren. Das Rind ganz abzuschaffen, wäre allerdings nicht nur ein großer (und undankbarer!) kultureller Verlust, sondern auch Ignoranz gegenüber seinen im Zusammenwirken mit anderen Naturkräften überaus wertvollen Leistungen für die Bodenfruchtbarkeit, für die Verwertung von für menschliche Ernährung nicht geeigneten Pflanzen, für die Biodiversität, für die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel und sogar für die Reduktion von CO₂ bei Beweidung.

Dorothea Heim-Klemm, Rot an der Rot

Zu nass, zu trocken, zu steil

Natürlich produzieren Rinder, wie alle Wiederkäuer, durch die Mikroorganismen ihrer Pansen das Treibhausgas Methan (CH4) und tragen damit zur Erderwärmung bei. Aber auch eine lediglich auf Pflanzen basierende menschliche Ernährung stellt in Sachen Methanausstoß keine wirkliche Alternative dar.

Dies trifft besonders auf Reis zu, das Hauptnahrungsmittel für einen Großteil der Menschheit. Emittieren doch die globalen Nassreisfelder bis zu 140 Millionen Tonnen des jährlichen, etwa 600 Millionen Tonnen umfassenden Gesamtausstoßes an Methan, während die Population der Rinder nur für rund 80 Millionen Tonnen verantwortlich ist.

Außerdem wird von den Gegnern des Fleischkonsums meist nicht beachtet, dass man - weltweit gesehen - circa 70 Prozent der landwirtschaftlichen Böden absolutem Grünland zuzurechnen hat, welches aus den verschiedensten Gründen - zu nass, zu trocken, zu steil, zu steinig, zu dünne Erdauflage, zu kurze Vegetationsdauer - nicht umbruchfähig ist und von daher ackerbaulich nicht genutzt werden kann. Einer Menschheit, die ausschließlich von Ackerfrüchten satt werden will, ginge aber das enorme Flächenpotenzial, das Grünland bietet, für die Nahrungsmittelerzeugung verloren.

Für unsere engere Heimat kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Rinder sind für die Bewahrung der Kulturlandschaften in den Alpen, Voralpen und Mittelgebirgen, die ebenfalls hauptsächlich durch absolutes Grünland geprägt sind, unerlässlich. Denn das in diesen Regionen seit Jahrhunderten durch Wiesen, Weiden und Almen geprägte Bild, lässt sich sinnvoll nur durch den Einsatz von Wiederkäuern erhalten.

Dr. Walter Kreul, Germering

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