Tengelmann:Der Verdacht reicht

Tengelmann: Foto: npj/Foto: Jørgensen

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War Sigmar Gabriel befangen oder nicht - darüber hat das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht geurteilt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat nicht festgestellt, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sei bei der Ministererlaubnis zur Fusion Edeka/Tengelmann befangen gewesen, wie es in "Psychogramm einer gescheiterten Fusion" vom 15. Juli heißt. Sondern es ist lediglich zu dem Ergebnis gekommen, es habe die Besorgnis der Befangenheit bestanden. Dies ist ein entscheidender Unterschied.

Auf Seite 7 des Gerichtsbeschlusses vom 12. Juli 2016 heißt es, der Bundeswirtschaftsminister habe durch seine Verfahrensführung "die Besorgnis der Befangenheit gesetzt". Dieser Begriff wird dann auf Seite 9 erläutert: "Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Misstrauen tatsächlich gerechtfertigt ist oder sich der Amtsträger für befangen hält." Und weiter: "Entscheidend ist deshalb allein, ob aus der Sicht eines vernünftig und besonnen denkenden Beteiligten unter den gegebenen Umständen des konkreten Falles objektive Gründe bestehen, an der Unvoreingenommenheit des Amtswalters zu zweifeln."

Das bedeutet, dass der Bundeswirtschaftsminister sich gegen diesen Vorwurf nicht durch den Nachweis wehren kann, bei den beiden Gesprächen am 1. Dezember und am 16. oder 18. Dezember 2015 sei alles mit rechten Dingen zugegangen.

Eine weitere Ungenauigkeit ist im vorletzten Absatz des Artikels enthalten, wo es heißt, hinter der Auffassung des Gerichts hinsichtlich des Erhalts von Arbeitnehmerrechten stecke die Überlegung, "dass der Job einer Kassiererin nicht mehr wert sei als der eines Lieferanten". Das OLG hat für seine Entscheidung sechs Gründe angeführt. Streng getrennt hat es dabei zwischen Grund Nummer zwei, der fehlerhaften Wertung des "Erhalts der Arbeitnehmerrechte" als eines Gemeinwohlbelangs, und Grund Nummer drei, den unvollständigen tatsächlichen Erwägungen zur "Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung". Unter Erhalt der Arbeitnehmerrechte versteht das OLG die Sicherung der "Mitbestimmungsstrukturen und der Tarifbindung von Kaiser's Tengelmann", nicht aber den Erhalt der Arbeitsplätze an sich. Es wird offengelassen, ob der Erhalt der Arbeitsplätze von dem Minister zu Recht als gesamtwirtschaftlicher Vorteil gewertet worden sei, und nicht in Frage gestellt, dass es sich dabei um einen Gemeinwohlbelang handele.

Aksel Ritter, Koblenz

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