
Wie oft sind wegen SZ-Beiträgen Beschwerden beim Presserat eingegangen, wie hat der Presserat entschieden und wurde der SZ schon einmal eine Rüge erteilt?
Ruben Hanne, München
Die letzte Rüge für die SZ durch den Presserat gab es 2002. Von mehreren Hundert Rügen, die seither ausgesprochen wurden, entfiel keine einzige mehr auf die SZ. Der Presserat ist eine Selbstkontrolle, die von den Journalistengewerkschaften und Verlegerverbänden getragen wird und die für die Qualität der Zeitungen sehr bedeutsam ist. Nach der Beschwerdeordnung des 1956 gegründeten Deutschen Presserats ist jeder berechtigt, sich dort über vermeintlich fehlerhafte oder anstößige Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften und ihren Online-Ausgaben zu beschweren - man muss dafür nicht selbst betroffen sein. Das Selbstkontrollorgan kann auch von sich aus Verfahren einleiten.
Anders ist das, wenn sich jemand an Gerichte wendet und Ansprüche durchsetzen will, insbesondere auf Unterlassung, Gegendarstellung, Berichtigung oder Schadenersatz. Während persönlichkeitsrechtsverletzende Tatsachenbehauptungen, Meinungsäußerungen und Bilder von den Betroffenen gerichtlich angegriffen werden können, kann der Presserat auf jede Eingabe hin tätig werden, muss es aber nicht (falls eine Beschwerde von vornherein unbegründet ist). Prüfungsmaßstab beim Presserat ist der 1973 geschaffene und wiederholt neu gefasste "Pressekodex" mit zahlreichen handwerklichen und ethischen Regeln für die journalistische Arbeit. Darin geht es um Sorgfalt, Trennung von Redaktion und Werbung, die Unschuldsvermutung bei Strafverfahren, Regeln gegen eine Sensationsberichterstattung etwa bei Gewalttaten, den Schutz vor Diskriminierung etc. Sollten Redaktionen fahrlässig oder gar vorsätzlich gegen den Kodex verstoßen, dann kann der Presserat Hinweise, Missbilligungen oder öffentliche Rügen aussprechen.
Nach Angaben des Presserats gingen dort seit 1999 - soweit reichen die Akten zurück - rund 500 Beschwerden gegen SZ-Beiträge ein; von etwa 28 000 Eingaben insgesamt. Von den Beschwerden gegen die SZ hat der Presserat 439 zurückgewiesen. In 42 Fällen gab es Hinweise, was die Redaktion besser machen könne. Das ist die mildeste Form des Tadels. In 18 Fällen folgte eine Missbilligung, was einer strengeren Kritik gleichkommt. In zwei Fällen sprach der Presserat seit 1999 gegen die SZ eine Rüge aus. Normalerweise werden nur die Rügen öffentlich ausgesprochen; die Redaktionen sind dann verpflichtet, dies in der eigenen Zeitung oder Zeitschrift mitzuteilen.
Die SZ hat in diesem Jahr gleichwohl, auf Bitte des Presserats, eine Missbilligung veröffentlicht - um Transparenz walten zu lassen. Die SZ hatte Hartz-IV-Empfänger mit kritischen Äußerungen über Jobcenter zitiert. Der zuständige Beschwerdeausschuss im Presserat entschied mit 3:2 Stimmen, dass die Redaktion der Behörde zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen. Presserats-Entscheidungen der vergangenen 25 Jahre sind auf presserat.de einsehbar. Joris Großgerge
