SZ Werkstatt:Wie wird die SZ den Geschlechtern sprachlich gerecht?

Lesezeit: 1 min

Constanze von Bullion über eine gendergerechte Wortwahl beim Schreiben.

Gibt es allgemeine Vorgaben für die Redakteure und Redakteurinnen, was geschlechtergerechte Sprache betrifft, oder ist es Sache der einzelnen Redaktionsmitglieder?

Veronika Obermayer, München

Über geschlechtergerechte Sprache gibt es in der SZ-Redaktion immer wieder muntere Debatten. Gender-Sonderzeichen, Ärzt*innen oder LehrerInnen - darüber stolpere doch jeder Mensch beim Lesen, finden die einen. Andere halten es schlicht für Denkfaulheit, wenn nur von Politikern die Rede ist - und Politikerinnen "mitgemeint" sein sollen.

Constanze von Bullion ist in der Parlamentsredaktion der SZ in Berlin zuständig für das Bundesinnenministerium und die Grünen. Sie hat Neuere Geschichte studiert und schreibt seit 1999 für die SZ. (Foto: privat)

Als Redakteurin im Parlamentsbüro Berlin finde ich es wichtig, dass Frauen in der Zeitung erkennbar sind, ob als Schreiberinnen oder als Beschriebene. Ich freue mich auch, dass Moderatorinnen wie Anne Will neuerdings den sogenannten Gendergap mitsprechen, also eine winzige Kunstpause, etwa im Wort Steuerzahler_innen. Das erinnert elegant daran, dass auch Frauen Steuern zahlen.

Nur, wie funktioniert das in einem Zeitungstext? Mir gefällt das Binnen-I der RichterInnen nicht besonders. Lieber schreibe ich: Richterinnen und Richter. Leider bilden sich dann manchmal Wortkarawanen aus Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten - und schon reichen die Zeilen im Layout nicht mehr aus. Oft schreibe ich dann, so nach Gefühl: Richterinnen und Staatsanwälte. Oder umgekehrt.

Das aber ruft die Schlussredaktion auf den Plan, die sich klare Regeln wünscht. Wenn das so einfach wäre. Hengameh Yaghoobifarah zum Beispiel hatte Ärger mit Horst Seehofer, ist "Autor_in" der taz und non-binär, also weder weiblich noch männlich. Weil ich Yaghoobifarah "Autorin" genannt hatte, kamen wütende Leserbriefe. Die SZ müsse geschlechtsneutrale Begriffe finden für Menschen, die nicht fälschlich als Frau oder als Mann bezeichnet werden wollten.

Im Deutschen gibt es kein geschlechtsneutrales Pronomen, also hält die Chefredaktion der SZ sich an den Duden, der keine Genderzeichen kennt. Texte sollen grammatikalisch korrekt und gut lesbar sein, dazu Eindeutigkeit und Rechtssicherheit gewährleisten. Bis auf Weiteres ist die Redaktion gehalten, möglichst beide Geschlechter zu nennen, also Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger.

Nun wäre die SZ aber nicht die SZ, gäbe es keine Ausnahme von der Regel. In ihrem Online-Magazin jetzt, wo viele Jüngere arbeiten, wurde das Gendersternchen plötzlich eingeführt, einfach so. Proteste von Leser*innen? So gut wie keine. LION

© SZ vom 05.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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