Süddeutsche Zeitung

SZ Werkstatt:Wie behalten Sie den Spaß am Beruf?

Lesezeit: 1 min

Charlotte Haunhorst über den Umgang mit Intoleranz, Fake-News und Schimpftiraden.

Wie kann man bei all den Verschwörungstheorien sowie den Leuten, die wenig von Fakten halten, derzeit noch Spaß an seinem Beruf im Journalismus finden?

Daniela Antoni, Stockstadt

Sogenannte Verschwörungstheorien und Spaß am Journalismus schließen sich aus meiner Sicht erst einmal nicht grundsätzlich aus. Im Gegenteil: Es kann sehr spannend sein zu recherchieren, woher bestimmte Theorien kommen, was die Absender damit bezwecken und warum Menschen ihnen Glauben schenken.

Sehr viel schwieriger ist der journalistische Umgang mit den Anhängerinnen und Anhängern dieser Ansichten. Natürlich macht es keinen Spaß, als "Lügenpresse" beschimpft zu werden. Es macht keinen Spaß, Drohungen an die Redaktion durchlesen zu müssen, um entscheiden zu können, was davon möglicherweise justiziabel ist. Oder immer erklärt zu bekommen, warum man für den Job der Journalistin ungeeignet sei, die Absender solcher Botschaften aber meinen, selbst die Welt durchdrungen zu haben.

Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass es in Zeiten des Internets nicht sinnvoll ist, Verschwörungstheorien oder Fake-News zu ignorieren. Ihre Anhänger finden die Infos dazu im Netz so oder so. Es sollte eher der journalistische Anspruch sein, recherchierte und verifizierte Informationen über diese Themen bereitzustellen und für Diskussionen offen zu bleiben. Nicht, um das Gegenüber zu "überzeugen", dass ihre Ansichten faktisch falsch sind oder ihre Überzeugung dahinter einseitig - das bringt meiner Erfahrung nach nichts. Aber vielleicht, um diejenigen, deren Meinung noch nicht gefestigt ist, im Sumpf von Fehlinformationen zu erreichen. Ihnen Quellen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die eigenen Annahmen überprüfen können. Wenn dann auch nur ab zu jemand einem schreibt, dieses oder jenes "habe ich vorher nicht gewusst", kann auch diese journalistische Arbeit sehr viel Spaß machen.

Als Leiterin der jungen Redaktion der SZ kann ich Sie beruhigen: Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die gerne Journalist oder Journalistin werden wollen. Unsere Praktikumsplätze sind meist ein Jahr im Voraus ausgebucht. chha

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Quelle:
SZ vom 16.12.2020
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