SZ Werkstatt:Wann setzen Sie Akzente?

Maxi Frieling, Leiterin der Schlussredaktion, über Regeln und Besonderheiten bei der Beachtung von Schreibweisen.

Frieling, Maxi

Maxi Frieling leitet die Schlussredaktion der SZ - und fremdelt immer noch ein bisschen mit der jüngsten Namensänderung: Belarus statt Weißrussland.

(Foto: privat)

Warum verwenden Sie bei polnischen und türkischen Namen spezielle Buchstaben dieser Sprachen, während Sie bei iberischen und slawischen (z.B. im Sportteil) mit den Akzenten zurückhaltend umgehen? Nach welcher Regelung wird entschieden, ob Städtenamen in Landessprache (besonders auffällig Polen) oder in der deutschen Bezeichnung geschrieben werden?

Georg Breidenbach, Bad Hersfeld

In einer Welt, die sich durch Reisen, Internet und soziale Medien immer näher kommt, hat sich die SZ-Redaktion vor bald zehn Jahren entschlossen, in ihren Texten eine breite Palette an Sonderzeichen einzuführen. Dies geschah auf vielfachen Wunsch unserer Leserschaft, und seither sollen Tilden, Háček und Co. generell Anwendung finden.

Große Ausnahme ist der Sport. Die Kolleginnen und Kollegen dort veröffentlichen in irrem Tempo die tollsten Berichte - Diakritika, so nennt man diese Sonderzeichen auch, verwenden sie in der Regel nicht. (Manchmal dann aber doch, wie etwa bei Zinédine Zidane, Javi Martínez oder Pelé.) Das liegt daran, dass es schlicht unmöglich ist, bei oft Hunderten Protagonisten verschiedenster Nationen, die binnen eines Tages im Sport vorkommen können - in Autorentexten, Agenturmaterial, Zahlenseiten mit Aufstellungen, Torschützen etc. - jedem einzelnen sein angestammtes Häkchen, Strichlein oder Kringelchen mitzugeben. Diese alle zu recherchieren, überstiege die Kapazitäten der Sportredaktion, zumal keine Agentur, kein Verein oder Veranstalter die Sonderzeichen der Namen mitliefert. Deshalb übt das Ressort sich lieber in Verzicht und schreibt sogar den ehemaligen Bayern-Trainer Niko Kovač einfach nur Kovac.

Was nun die Städtenamen betrifft, gibt ein besonderes Sportereignis Aufschluss. Zur Fußball-EM 2012 stand die SZ vor der Frage, ob sie die Austragungsorte gemäß der offiziellen Website benennen sollte: Gdańsk, Poznań, Kraków etc. in Polen, Kyiv und Lwiw in der Ukraine. Damals hat die SZ-Redaktion festgelegt, bei den großen Städten mit historisch deutschen Namen diese Städte auch deutsch zu schreiben, genauso wie wir es mit Athen, Mailand, Prag oder Warschau halten, und zwar "auf Grundlage der gegenseitigen Wertschätzung und des historischen Respekts unter Akzeptanz der Nachkriegsordnung, aber auch im Sinn einer Entkrampfung des Verhältnisses zu Polen und der Ukraine". Kleinere Städte wurden bewusst ausgeklammert, weil sie keinen solchen Bekanntheitsgrad haben, und "weil wir nicht das Handwerk der Revanchisten betreiben wollen". Es heißt in der SZ also Danzig, Posen, Krakau, Kattowitz, Kiew, Lemberg. Am besten stehen in den Texten heute aber beide Namen, etwa: Breslau (polnisch Wrocław). fri

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