SZ-Werkstatt:Libanesische Syrer

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Auslandskorrespondentin Christiane Schlötzer über die Lage von Flüchtlingen in der Türkei, die aus Angst oft unter falscher Flagge arbeiten.

Von Christiane Schlötzer

Zum ersten Mal habe ich Sanabl Marandi vor fünf Jahren in Kahramanmaraş getroffen, im Süden Anatoliens. Da hatte die junge Lehrerin aus Syrien eine Schule für Flüchtlingskinder eröffnet, mit eigenem Geld und Spenden von Freunden. Die türkischen Behörden, die gerne alles unter Kontrolle hätten, machten Dauerstress. Als ich diese Woche wissen wollte, wie syrische Flüchtlinge damit umgehen, dass Ankara sie am liebsten wieder loswürde, fiel mir die Lehrerin ein.

Wo sie wohl steckt? Ich habe sie gefunden, in Istanbul. In einem Berufsbildungszentrum, das hat sie auch gegründet, eigentlich sind es zwei, eines in der Mitte und eines am Rand der Stadt. "Wenn ich nichts tue, hilft mir auch keiner", sagt sie. 3385 Kursteilnehmer gab es 2018, Friseure, Schneider, Webdesigner. In diesem Jahr sind es schon fast genau so viele. Marandi hat alle Zahlen im Handy. Sie hat das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Berlin als Geldgeber und die NGO Malteser International als Helfer gewonnen, im Moment ist die weitere Finanzierung allerdings ungewiss. Aber Marandi stand so oft vor dem Nichts. Sie ist jetzt 34 Jahre alt und sagt: "Wir werden auch Syrien wieder aufbauen, das ist mein Land, meine Sprache." Wenn nur der Krieg erst vorbei und der Diktator Baschar al-Assad weg sei.

So reden viele Syrer, und man findet sie überall in Istanbul. Restaurants mit "Libanesischer Küche" sind syrische Lokale. Die Syrer wollen nur nicht auffallen, seit sich das Klima für Flüchtlinge verschlechtert. Die vielen arabischen Lokale gehen bestens, weil Istanbul bei arabischen Touristen äußerst beliebt ist. Die türkische Regierung hat um diese Touristen geworben, nachdem die Europäer anfingen, die Türkei zu meiden. Nun gibt es zwar wieder Gäste aus der EU, aber arabische Besucher strömen weiter an den Bosporus. Hotels, Arztpraxen, überall arbeiten Syrer. Einige verstecken sich jetzt, weil sie Abschiebung fürchten, wenn sie nicht offiziell gemeldet sind. Marandi hat übrigens Verständnis dafür, dass die Regierung sagt, nicht jeder Flüchtling könne in Istanbul bleiben. Sie weiß, auch sie kann nicht allen helfen.

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