SZ-Werkstatt:Im Nachtzug nach Venedig

Anneliese Siegle

Lisa Siegle war viele Jahre lang im Feuilleton tätig und interessiert sich seit ihrer Jugend für Kunst. Liebend gerne würde sie mehr Vernissage-Einladungen nachkommen – was leider ein Wunschtraum bleibt.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

Kurz vor Monatsbeginn veröffentlicht die SZ immer einen Ausstellungskalender. Am nächsten Donnerstag ist es wieder soweit. Lisa Siegle, die ihn seit mehr als 15 Jahren zusammenstellt, beschreibt, wie er ihr Leben bestimmt.

Von Lisa Siegle

Kurz vor Monatsbeginn veröffentlicht die SZ immer einen Ausstellungskalender. Am nächsten Donnerstag ist es wieder so weit. Lisa Siegle beschreibt, wie er ihr Leben bestimmt:

Als mir der monatliche Ausstellungskalender vor 15 Jahren anvertraut wurde, ahnte ich nicht, dass ich sogar in meinem Privatleben auf ihn Rücksicht nehmen muss: Die letzte Woche des Monats ist grundsätzlich ihm gewidmet, da gibt es Urlaubsverbot! Die Wochen vorher wird er fleißig mit den neuen Ausstellungen gefüttert, wobei ich da schon sehr darauf bedacht sein muss, die richtigen Laufzeiten anzugeben, um die Leser nicht in die Irre zu führen. Einmal kündigte ich eine Ausstellung in New York an, die leider erst im nächsten Jahr zu sehen war.

Auch unsere Leser beteiligen sich an der Gestaltung des Kalenders. Per E-Mails und Briefen bekomme ich immer wieder freundliche Hinweise, aber auch strenge Ermahnungen, diese und jene Ausstellung nicht zu vergessen. Eine Leserin überredete mich sogar, mit ihr nach Venedig zu fahren, um eine besonders sehenswerte Ausstellung zu besuchen. Wir fuhren mit dem Nachtzug hin und zurück, verbrachten zwei eher schlaflose Nächte im stickigen Sechserabteil, liefen viele Kilometer durch Venedig, standen lange an, um in den Palazzo Fortuny zu kommen. Das nenne ich Leidenschaft! Meine nächsten Kunstreisen waren zum Glück nicht so erschöpfend.

In den letzten Tagen vor Erscheinen der Seiten bekommen sie dann den Feinschliff. Die Anzeigen sollten ansprechend platziert sein, und, wie man mir zu Beginn meiner Arbeit ans Herz legte, es durfte keine Hurenkinder und Schusterjungen geben, die typografisch unschön sind. Nach zweimaligem Korrekturlesen gebe ich dann die Seiten zum Belichten frei, hoffend, nichts angestellt zu haben.

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