SZ-Werkstatt:Es geht um die geistige Infrastruktur

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Vize-Chefredakteurin in spe Alexandra Föderl-Schmid über Prioritäten im Journalismus.

Aus Anlass des 75. Geburtstags der Zeitung haben wir viele grundsätzliche Fragen unserer Leserinnen und Leser gesammelt, die wir nun in den kommenden Wochen beantworten. Dabei wollen wir in bewährter Werkstatt-Manier Einblick geben in unsere tägliche Arbeit.

Welches sind die größten Herausforderungen, denen sich der Journalismus in Zukunft stellen muss? Jasmin Leib, Augsburg

Es gibt viele Herausforderungen für den Journalismus. Eine zentrale Frage ist, wie Journalistinnen und Journalisten mit dem Zeitdruck umgehen, wie sehr wir uns durch die Möglichkeiten des Internet und der raschen Verbreitung von Information treiben lassen. Wir müssen aufpassen, dass uns vor lauter Tempo, Tempo, Tempo, vor lauter Schnellschuss- und Häppchen-Journalismus nicht die Zeit davonrennt zum Denken, zum Nachdenken und Vordenken.

Guter Journalismus muss vor allem das machen, was mit dem zeitlosen Wort "Aufklärung" umschrieben werden kann. "Aufklärung" im Sinne von ausleuchten: Hintergründe aufzeigen und neue Perspektiven ausmalen. Und unsere Leser zu befähigen, sich selbst ein Bild von der Welt zu machen - ganz im Sinne von Immanuel Kant: Wage zu denken! Wir dürfen uns nicht mit der bloßen Beschreibung von politischer Inszenierung und der Wiedergabe von Ankündigungen begnügen, wir müssen sie hinterfragen, Konsequenzen aufzeigen und aufdecken, was falsch läuft. Diese Aufklärung ist die Kernaufgabe eines verantwortungsvollen Journalismus.

Eine weitere zentrale Herausforderung ist die Finanzierung dieser Form von Journalismus, weil traditionelle Modelle wie die Finanzierung über Anzeigenerlöse nicht mehr wie früher funktionieren. Darauf müssen Antworten gefunden werden, um eine der Grundbedingungen für das Funktionieren der Demokratie, den Zugang zu Information, sicherstellen zu können. Es geht dabei um die geistige Infrastruktur unserer Gesellschaft.

Jede Abonnentin und jeder Abonnent, ob digital oder gedruckt, trägt bei Medien wie der SZ dazu bei, dass wir auch in Zukunft in dieser Qualität über Deutschland und die Welt berichten können - und über all jene Themen, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Wir brauchen dazu, und Qualität gibt es eben nicht umsonst, starke wie fachkundige Redaktionen. Damit wir alle die vielfachen Herausforderungen meistern können. AFS

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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