SZ-Werkstatt:Brieffreundschaft

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SZ-Gesellschafts-Redakteurin Tanja Rest über die Begegnung mit dem britischen Modedesigner Paul Smith, seine ungeahnte Vorliebe für leere Gläser und die ganz besondere Geschichte eines Buchgeschenks.

Zunächst war es nur ein Gedankenspiel: Bei der Vorbereitung auf ein Interview mit dem britischen Modedesigner Paul Smith sah ich Bilder aus seinem Londoner Atelier, in dem sich die Geschenke seiner Fans zu skurrilen Stillleben auftürmen. Was würde ich selbst einem der reichsten und lustigsten Männer Englands wohl schenken? Da fiel mir der Freiburger Maler Peter Dreher ein, den ich vor langer Zeit für die Wochenendbeilage porträtiert habe. Seit den Siebzigern hat er fast jeden Tag dasselbe leere Wasserglas gemalt, ein paar Hundert davon sind in seinem Buch "Tag um Tag guter Tag" zu besichtigen. Dieses Buch überreichte ich nach dem Interview Sir Paul Smith. Und der war begeistert. Schon nach wenigen Tagen traf ein Dankesbrief ein, beigelegt war ein Foto aus Smiths Atelier: Das Buch stand aufgeklappt auf seinem Tisch, davor ein leeres Wasserglas.

Das Foto schickte ich an den heute 87-jährigen Maler, ergänzt um meine Erinnerung an unsere damalige Begegnung und eine Erläuterung zum Designer. Eine Woche später landete die Antwort in unserem Briefkasten. Peter Dreher, schrieb seine Lebensgefährtin, habe in Reykjavik einmal zwei Jacken von Paul Smith gekauft, ohne ihn damals zu kennen. Jahre später seien sie in New York an seinem Store vorbeigekommen. Seither trage Dreher mit Begeisterung Paul Smith, zuletzt bei einer Vernissage in Berlin.

Auch hier war ein Foto beigefügt: der Maler im bunt bedruckten Hemd. Abschließend lud sie Smith und mich zur Opening Night von Drehers bisher größter Ausstellung in der Londoner White Cube Gallery ein. Ich schrieb also einen Brief an Paul Smith, legte das Foto von Peter Dreher bei und gab die Einladung weiter. Die Antwort kam prompt: "What an amazing story!!!" Unglücklicherweise befinde er sich zum betreffenden Zeitpunkt im Sommerurlaub, ob er Drehers Adresse haben dürfe? In der White Cube Gallery traf ich dann nach mehr als zehn Jahren Peter Dreher wieder. Er saß im Rollstuhl in einem gewaltigen Saal, an den Wänden 500 seiner inzwischen hoch gehandelten Wassergläser. Und er hatte natürlich längst auch Post von Sir Paul bekommen.

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