SZ-Werkstatt:Bedaure, nein

SZ-Werkstatt: SZ-Wirtschaftskorrespondent in London, Björn Finke.

SZ-Wirtschaftskorrespondent in London, Björn Finke.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Björn Finke ist seit 2013 Wirtschaftskorrespondent in London. Bei seinen Firmenbesuchen im Land wird er immer wieder gefragt, ob mit dem Brexit aus seiner Sicht alles gut gehen wird. Er kann die Fragesteller da aber nur enttäuschen.

Von Björn Finke

Ein Interview in der Savile Row, jener Straße in London, wo Männern für ein paar Tausend Pfund ein Anzug auf den Leib geschneidert wird. Der Maßschneider plaudert über berühmte Kunden, über den Wandel der Reversbreite. Und dann geht es plötzlich um dieses eine Thema, ohne das im Moment kein Gespräch auskommt: den Brexit. Der Schneider befürchtet, dass bei einem ungeordneten Austritt der Briten manche seiner Stoffe knapp werden könnten.

Als Londoner Wirtschaftskorrespondent der SZ besuche ich regelmäßig Betriebe in Großbritannien und Irland; ich rede mit Chefs und Angestellten, mit Lobbyisten und Ökonomen. Und egal, was der Grund des Treffens ist: Irgendwann, eher früher als später, dreht sich das Gespräch um den Brexit. In sieben Wochen soll das Königreich die EU verlassen, und solange das britische Parlament nicht den Austrittsvertrag billigt, droht eine chaotische Trennung mit Zöllen und Staus an den Häfen. Diese Aussicht beunruhigt viele Bürger - und viele Manager.

Jene alles überlagernde Furcht ist aber recht neu. Vor einem halben Jahr noch sagten Gesprächspartner meistens, dass die Politiker in London und Brüssel sich am Ende schon einigen würden, und dann gebe es ja direkt nach dem Austritt diese schöne Übergangsphase, in der sich fast nichts ändert. Diese Zuversicht ist inzwischen nagenden Zweifeln gewichen.

Oft fragen die Unternehmer ihren Besucher, den deutschen Journalisten, nach seiner Einschätzung: Angela Merkel sei doch die mächtigste Politikerin der EU, heißt es dann häufig. Die Kanzlerin und die wichtige deutsche Autoindustrie würden sicher Brüssel dazu drängen, einem geordneten Brexit zuliebe Großbritannien entgegenzukommen. Oder sähe ich das als Deutscher etwa anders? Ich sehe es anders, enttäusche die Fragesteller und lächele bedauernd.

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