
Zu " Natürlich niedrig" vom 2. September, " Auch das noch" vom 24./25. August sowie zu " Gott mit dir, du Land der Sparer" vom 22. August und " Immer mehr Banken verlangen Strafzins" vom 29. Juli:
Kein Minus für die Kleinen
Es ist unerträglich, wozu die Europäische Zentralbank imstande ist. Zuerst macht sie die Banken zum Sündenbock, indem die Banken Strafzinsen bezahlen müssen, wenn sie Geld parken. Es ist doch verständlich, dass es zu wenige Kreditanforderungen gibt aus den Unternehmen, man sehe sich nur die derzeitige Wirtschaftslage an, kein Mittelständler oder Konzern will sich dadurch in eine Schieflage bringen und eventuell in Insolvenz geraten.
Und jetzt sind die kleinen Sparer/Rentner dran, die sich in vielen Jahren ein Polster für das Alter angespart haben, damit sie sich zum Beispiel ihr kleines, altes Haus, wenn größere Reparaturen oder Anschaffungen anstehen, renovieren können und diese Kosten gedeckt sind.
Wieso schaut unsere Regierung zu und lässt so eine Ungerechtigkeit zu? Wann lässt endlich EZB-Chef Draghi sein Amt ruhen, damit vielleicht seine Nachfolgerin bei diesem Thema Gerechtigkeit und Verstand walten lässt und vor allem kleinen Sparern/Rentnern ein Gefühl der Sicherheit geben kann, verschont zu bleiben von Strafzinsen.
Hildegard Hauser, Regensburg
Die Enkel werden es ausbaden
Die schleichende Umkehr der Zinssätze verändert den Finanzsektor stärker als unsere von Algorithmen der künstlichen Intelligenz kontrollierte Umgebung. Banken duellieren sich gerade im Internet im Kredithandel mit Minuszinsen. Uns wird eingetrichtert, Geldbesitz hat negative Auswirkungen, die mit Schuldenmachen ins Positive drehen sollen. Eine perfekte Gehirnwäsche mit hypnotisierenden Nebenwirkungen und Verharmlosen der Kreditrisiken.
Negative Zinsen müssten nach kaufmännischen Grundsätzen als negativer Ertrag gebucht werden. Leider kennen das die Bilanzierungsvorgaben für Banken nicht. Da bei Minuszinsen für Vermögen kein wirtschaftlicher Nutzen entsteht, müssen sie in irgendeiner Weise als Betriebsaufwand gebucht werden. Wie wird Geldvermögen bilanziert, das keinen Ertrag abwirft, aber Aufwand verursacht?
Spannend wird es auch, wenn die vielen Buchhaltungssysteme der Banken das Erfassen von Minuszinsen verweigern, weil die digital gesteuerte Plausibilitätsprüfung das eigentlich nicht zulässt. Und wie werden Banken ihr alltägliches Geschäftsrisiko, das heißt Ausfall eines Kredits wegen Insolvenz des Schuldners, sachgerecht bewerten? Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Jahren die breite Masse der europäischen Bevölkerung mit langlaufenden Bank- und Staatsanleihen mit bereits einkalkuliertem Zinsabschlag überschwemmt und so die Kredittilgung an unsere Kinder und Enkel weitergereicht wird.
Es wird gesellschaftliche Verwerfungen mit eskalierenden Neid- und Hassdebatten geben.
Bernd Marterer, Schopfheim
Von Japan lernen
Ich kann nicht verstehen, warum man das bereits in Japan gescheiterte geldpolitische Experiment in Europa wiederholt hat und trotzdem unbeirrt weitertreiben will. Weil es innerhalb von zehn Jahren nicht genügend geholfen hat und weil nach der Finanzkrise neue Krisen aufgetreten sind, steigert man es nun zu immer neuen Extremen. Man sollte endlich begreifen, dass man bestimmte Probleme nicht mit geldpolitischen Maßnahmen lösen kann, sondern damit mehr schadet als nützt.
Alternde Gesellschaften sind ökonomisch nicht mehr so produktiv. Sie tendieren zu ökonomischer Stagnation. In anderen kulturellen Sektoren kann das anders sein. Aber die Ökonomie ist doch kein Selbstzweck, sondern dient nur einer komfortablen Lebensführung der Menschen. Dieses Ziel ist in den Industrienationen längst erreicht. Darüber hinausgehendes Wachstum ist vor allem eine Belastung für die Umwelt. Stagnation ist in den Industrienationen also kein Unglück, sondern ein gesunder Zustand der Stabilität. Auch die Alterung der Gesellschaft ist nur ein natürlicher Prozess, der drohender Überbevölkerung entgegenwirkt.
Zugegeben, der Übergang der Weltbevölkerung sowie der Weltwirtschaft in ein stabiles Gleichgewicht ist schwierig und gefährlich. Es gibt weltweit große Ungleichgewichte und bei ihrem Abbau das Risiko des Kontrollverlusts. Hinzu kommt der bedrohliche Wettbewerb der großen Machtblöcke. Damit umzugehen ist eben die Aufgabe kluger Politik. Das gilt auch für die Ökonomie. Hier fehlt es an den Grundlagen, nämlich einer Theorie mit der Überschrift: Wohlstand ohne Wachstum.
Ohne ein langfristiges Zielkonzept kann die Politik nur Flickwerk und Krisenmanagement betreiben. Die vielfachen Unruhen, manchmal auch mit falschen Parolen, sind ein Ausdruck der begreiflichen Unzufriedenheit der Menschen mit diesem Zustand.
Dr. Rainer v. Mellenthin, München
Gebühren und Sondervermögen
Wer gezwungen ist, größere Geldbeträge auf dem Girokonto zu halten, etwa für Lohnzahlungen an Beschäftigte oder für Materialbeschaffung, gibt seiner Bank nolens volens ein Darlehen, auch wenn das gar nicht beabsichtigt ist. Sein Geld erscheint als Verbindlichkeit in der Bankbilanz. Selbst als es noch signifikante Zinsen gab, war dies nicht recht nachvollziehbar, denn Zinsen gab es ja nur für Sparkonten, Termingeld etc., nicht aber für Girokonten. Mit den jetzt bevorstehenden Strafzinsen wird die Lage nun absurd. Der Unternehmer, der aus obigen Gründen gezwungen ist, größere Summen auf dem Girokonto zu halten, soll Strafzinsen bezahlen, für ein Darlehen, das er der Bank gewährt hat, meist ohne sich dessen bewusst zu sein.
Logischer wäre es, von einer Gebühr für die Verwaltung und Aufbewahrung des Geldes zu sprechen. Dagegen könnte man als Kunde nicht viel sagen. Man müsste dann von der Idee des "Zwangsdarlehens" abgehen und das Geld des Kunden stattdessen als Sondervermögen behandeln. Das Geld bliebe im Eigentum des Kunden und wäre im Konkursfall geschützt. In der Bankbilanz erschiene dieses Kundengeld nicht mehr.
Dr. Stefan Ramer, München