Süddeutsche Zeitung

Steueroasen:Profit vor Ethik

Je mehr Menschen Steuern hinterziehen, desto geringer werden die Skrupel für andere, warnt ein Leser. Ein weiterer zählt Fortschritte bei der Verfolgung der Taten auf.

Zu "Und ewig lockt Luxemburg" vom 8. Februar:

Die Recherche zu Open Lux und dazu der Kommentar von Ralf Wiegand beweisen, wie unerlässlich angstfreier, kluger Journalismus heute ist. Wenigstens um uns vor Augen zu führen, was nicht funktioniert in unserer kapitalistischen Welt.

Es wird dem Laien dadurch immer klarer, dass Kants kategorischer Imperativ für "kreative Steuer-Abgaben-Optimierer" keine Bedeutung hat. Dass aber "die normative Kraft des Faktischen" alles Denken und Handeln beherrscht: Je normaler es ist, dass viele reiche Menschen den Staat hintergehen, in dem sie leben und Geld verdienen, und die anfallenden Steuergelder in höchst möglichen Margen nach Luxemburg oder in ähnliche Oasen schaufeln, desto ehrlicher kommen sich diese Hinterzieher und ihre Berater vor.

Was der deutsche Laie dann aber nicht versteht, ist die Tatsache, dass in unserem Finanzsystem eher die Hehler mit ihren Banktresoren angeprangert werden, als die Diebe, die ihre Beute dorthin schaffen.

Wieso sind unsere Finanzämter und deren Steuerfahnder auf Whistleblower aus dem Ausland angewiesen, um die Milliarden-Verluste, die jedes Jahr entstehen, minimal zu reduzieren? Jeder Bürger, der brav seine Steuern zahlt, kennt die ewige Argumentation und das jederzeit funktionierende Druckmittel von Firmeninhabern aus der Privatwirtschaft, die Unternehmensstandorte ins Ausland verlegen oder Leute entlassen, sollte steuerliche Gerechtigkeit mit aller Härte des Gesetzes durchgesetzt werden. Denn über aller Ethik und dem Gesetz scheint die Steigerung der privaten Gewinne zu stehen.

Und darum stellt sich dem Laien jetzt nur noch die Frage: Wer muss sich für diesen Betrug an unserem Steuersystem eigentlich am meisten schämen?

Gregor Ortmeyer, Mönchengladbach

Die Tatsache, dass Sie eine Unzahl von mehr oder weniger Prominenten im öffentlichen Register der wirtschaftlich Begünstigten ausfindig machen konnten, widerlegt eigentlich die von den Autoren monierte Intransparenz. Die der SZ sicherlich bekannte belgische Zeitung Le Soir lobte gerade, trotz einiger Unzulänglichkeiten, das luxemburgische Register gegenüber seinem belgischen Pendant. Haben Sie das deutsche Register auch einer strengen Prüfung unterzogen? Ich bedauere zudem, dass Sie die Fortschritte seit Luxleaks und den Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) Vorschriften nicht anerkennen wollen.

Andre Schmit, Schieren/Luxemburg

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Quelle:
SZ vom 12.03.2021
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