Stadtentwicklung:Münchens liebe Not mit dem Hyperwachstum

Höher, schneller, breiter ergibt nicht immer besser, befinden skeptische SZ-Leser.

Fortiss ,leere Büros während des Corona Lockdowns

Münchens Wachstum lässt sich hübsch inszenieren – hat aber auch Probleme zur Folge wie die Verdichtung und die steigenden Mietpreise.

(Foto: Catherina Hess)

"Luft nach oben?" vom 7. Juni und die SZ-Serie "Höher, schneller, breiter - wie die Stadt wächst":

Wachstum abbremsen

Soll München wirklich "höher, schneller, breiter" werden, wie die SZ ihre neue Serie zur Stadtentwicklung überschreibt? München platzt bereits seit Jahren aus allen Nähten. Dieses überhitzte Wachstum hat für viele Bürgerinnen und Bürger nur noch Nachteile: Bestes Beispiel dafür sind die steigenden Mieten. Aber auch die Verkehrsinfrastruktur oder die Versorgung mit Kitas und Schulen hinken notorisch hinterher, und die Wohnqualität wird durch Verdichtung auch nicht besser.

Das alles ist lange bekannt. Merkwürdigerweise wird das Wachstum der Stadt aber in Politik und Medien selten hinterfragt und so gut wie immer als irgendwie gegeben und unabänderlich hingenommen. Münchens Hyperwachstum ist aber nicht schicksalhaft vorgegeben, sondern wird politisch und ökonomisch gemacht: Die seit Langem von der Stadt betriebene expansive Wirtschaftsförderung mit immer neuen Unternehmensansiedlungen und Erweiterungen ist der Hauptgrund dafür. Neueste Resultate davon sind die Investitionen von Google, Amazon und Apple, auf die der Wirtschaftsreferent angeblich furchtbar stolz ist.

Eine zukunftsorientierte Strategie ist das nicht, und "höher, schneller, breiter" ist eine ziemlich vorgestrige Ausrichtung. Denn solange die Stadt so weitermacht, kann sie ihre Ziele in den Bereichen ökologische Transformation, Verkehrswende und bezahlbares Wohnen von vorneherein beerdigen. Die Herrichtung Münchens zum bundesweiten Investitionsmagneten und der daraus resultierende Zuzug wird viele andere Vorhaben der Stadtpolitik in den Bereichen Nachhaltigkeit und Soziales unterlaufen. Statt diesen Boom weiter anzuheizen und damit auch noch die regionalpolitische Schieflage zwischen Boomregionen und abgehängten Schrumpfregionen in Deutschland zu vertiefen, sollte sich die Stadt München lieber fragen, wie sie das längst ungesund gewordene Wachstum so schnell und effektiv wie möglich abbremsen kann.

Dr. Roland Pauli, München

Exzesse auf dem Wohnungsmarkt

"Wachstumsdruck" und "Goldgräberstimmung" befeuerten die Hochhausdiskussion, schreibt Sebastian Krass. Und er diagnostiziert zutreffend, dass die Stadtverwaltung mit ihrer Hochhausstudie die Fantasie der Investoren noch zusätzlich beflügelt. Aber was sind eigentlich die Ziele der Stadt? Mir scheint, nicht nur das Florieren der heimischen Wirtschaft, sondern auch die Zuwanderung von Unternehmen sind immer willkommen. Die maßgeblichen Parteien sind entweder grundsätzlich unternehmerfreundlich (FDP und CSU), oder sie begrüßen hohe Zuwächse als Mittel zum Zweck (SPD), weil man nie genug Arbeitsplätze und Gewerbesteuer bekommen kann, oder sie haben sich abgewöhnt, vor den Grenzen des Wachstums zu warnen (Grüne), weil das einfach nicht so gut ankommt.

Dabei ist offensichtlich, dass gerade die viel beklagten Exzesse des Wohnungsmarkts ursächlich mit dem andauernd kräftigen Zuwachs an (häufig gut bezahlten) Jobs zusammenhängen. Und der Zuzug der Arbeitskräfte verursacht natürlich auch einen Teil der sonstigen Probleme (zum Beispiel des Verkehrs), mit denen unser "Millionendorf" zu kämpfen hat.

Statt sich mit mäßigem Erfolg an den Nebenwirkungen der rasanten Wirtschaftsentwicklung abzuarbeiten, sollte die Stadtpolitik doch darüber nachdenken, ob es nicht auch für den Zuwachs an Arbeitsplätzen ein Optimum gibt, das man nicht ungestraft überschreiten kann. Sicher: Über diesen Akt der Selbstbeschränkung würden sich Umlandgemeinden oder Städte in anderen Teilen des Landes freuen. Aber kann ihnen München diese Freude nicht gönnen?

Ich bin grundsätzlich dafür, den Höhenrausch der Investoren ein wenig zu dämpfen. Wenn das aber nur zur Folge hätte, dass sie dann eben mit gleicher Vehemenz in die Breite gingen, wäre nicht viel gewonnen.

Axel Lehmann, München

Bitte keine Hochhäuser

Bitte keine Hochhäuser, schon gar nicht Wolkenkratzer, denn damit will man in die schöne Stadt München noch mehr Menschen locken. Schlechte Luft, noch mehr Verkehrsprobleme und natürlich eine Verschandelung sind programmiert. Das sind hauptsächlich die Architektenteams, die darauf spekulieren. Wir haben doch ein perfektes S- und U-Bahnsystem, um sich in dem schönen Umland anzusiedeln.

Veronika Bartel, Seefeld-Hechendorf

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