Sprachlabor:Von Zechprellerei, Renderings und anderen Modernitäten

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Wenn es Leser und Leserinnen ganz genau nehmen, dann werden ihre Anmerkungen seziert - mit oft erstaunlichen Erkenntnissen.

Von Hermann Unterstöger

AUF GENAUIGKEIT pocht Leserin S., indem sie die Aussage, jemand habe "die Zeche geprellt", ins Reich des falschen, zumindest schludrigen Sprachgebrauchs verweist. Das stößt zunächst auf Verwunderung, da die Formulierung die Zeche prellen üblich und auch die Zechprellerei ein gängiges Delikt ist. Ähnlich wie bei der Ehrabschneiderei, bei der ja auch nicht die Ehre, sondern jemand in seiner Ehre beschnitten wird, prellt man beim Zechprellen nicht die Zeche, sondern den Wirt um selbige. "Das sollte ein SZ-Redakteur wissen", schreibt Frau S., und aus dem Kontext geht gottlob klar hervor, dass sie nicht meint, wir müssten uns in der Zechprellerei als solches auskennen.

GENAUIGKEIT hätte auch bei einem von Leserin Dr. L. dingfest gemachten Untertitel nicht geschadet. Die Rede war darin von Bürgern, die bei Frank-Walter Steinmeier eingeladen waren und im Schlosspark Bellevue Folgendes taten: Sie packten "den Gesprächsstoff auf den Kaffeetisch, der sie bewegt". Wenn wir den Bundespräsidenten richtig einschätzen, packte er Antworten auf den Kaffeetisch, die diesen wieder zur Ruhe brachten.

"DA STELLE MER uns janz dumm", heißt es in der "Feuerzangenbowle", ein Trick, den auch unser Leser W. gerne anwendet. Als er las, dass architektonische Veränderungen mithilfe von "Renderings" sichtbar gemacht worden seien, stellte er sich janz dumm und fragte, was bitte Renderings seien oder ob er sich ins WWW bemühen müsse. Es ist erheiternd, hierzu "Das moderne Fremdwörter-Lexikon" von 1975 beizuziehen, das supermoderne Fremdwörter wie Rendant und Rendezvous führt, nicht aber den Begriff Rendering, obwohl es zwischen beide gepasst hätte. Hier etwas aus dem WWW: "Durch das Rendering lassen sich dreidimensionale Objekte mit realistischen räumlichen Oberflächen darstellen." Dass wir das nun wissen, hat mit seinem Fragen Leser W. bewirkt. Man nennt diese Technik Mäeutik, und hoffentlich fragt W. nun nicht, was bitte ...

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