Sprachlabor:Verdichtet

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Von okayen Witzen, plemplemmen Anbiederungen, von Expertisen und Verdichtungen: Hermann Unterstögers Kolumne ohne exekutive Befugnisse.

Von Hermann Unterstöger

"WUNDERLICH UND ABSUNDERLICH" nannte "Winders Wörterbuch zur Gegenwart" einmal die attributive Verwendung von okay, ein Votum, dem die vollinhaltliche Zustimmung weiter Kreise sicher sein dürfte. Ein Teilkreis dieser weiten Kreise regte sich vor einiger Zeit sehr auf, als bei uns "okaye Witze" und eine "völlig okaye Entwicklungsstufe" auftauchten, wodurch, wie ein Anrufer bitter scherzte, "Ihr Ruf als sonst ganz okayes Blatt" aufs Spiel gesetzt worden sei. Leserin B. war "total sauer" und forderte das Labor auf, etwas dazu zu sagen oder, noch besser, den Kolleginnen und Kollegen dergleichen völlig zu verbieten. Zu Punkt 1: Das Labor hat sich mit dem Thema schon ausführlich beschäftigt und dabei durchblicken lassen, dass es für plemplemme Anbiederungen an Sprachmoden wenig übrig hat, dass es aber auch nicht jede Mode für plemplem hält. Zu Punkt 2: Diese Kolumne hat keinerlei exekutive Befugnisse, ein per se durchaus okayer Zustand.

DURCHAUS OKAY? Nun, hin und wieder hätte man schon Lust, etwas völlig zu verbieten, zum Beispiel die Verwendung des Wortes Expertise (Sachverständigengutachten) im Sinn von Sachverstand oder Fachwissen. Unlängst wurde, zu Leser B.s Verwunderung, Anja Karliczek attestiert, sie habe "kaum bildungspolitische Expertise zu bieten". Man nennt so etwas einen falschen Freund, und wie so oft kommt er aus dem Englischen: "Software is not really my area of expertise."

VERDICHTEN gehört zum Handwerkszeug der Journalisten, und Leser Dr. Z. sagt "Hut ab!", wenn bei diesem Kunststück nichts vom Ausgangsmaterial verloren geht. Bei diesem Satz schien ihm das nicht gelungen zu sein: "2009 war das Jahr, in dem ( ... ) Mahmud Ahmadinedschad die ,Grüne Bewegung' niederschlug und klarstellte, dass die Iraner auf Reformen lange werden warten müssen, wenn überhaupt." Herr Z. dazu: "In der Kürze liegt die Würze, doch manchmal verwirrt se!" Wohl wahr, wenn überhaupt.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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