DIESE KOLUMNE ist weit davon entfernt, sich höchstrichterlich zu plustern. Dessen ungeachtet wird sie hin und wieder als Schiedsstelle angerufen, so wie kürzlich in der Streitsache „macht Sinn“. Unser Leser K., der dem seiner – und nicht nur seiner – Ansicht nach ebenso neumodischen wie sinnwidrigen Anglizismus nichts abgewinnen kann, hat sich darüber mit dem Linguisten Simon Meier-Vieracker ausgetauscht. Nach dessen Recherchen ist die Wendung aber schon in der 1960er-Jahren gebräuchlich und, zumindest in Pressetexten, dem als korrekt geltenden „ergibt Sinn“ mengenmäßig überlegen.
Als Hauptargument gegen „Sinn machen“ wird oft die handwerkliche Komponente des Verbs machen ins Feld geführt, mit dem Fazit, dass man Sinn ja nicht fertigen oder herstellen könne. Das leuchtet rasch ein, verstellt aber die Tatsache, dass machen über das eng Werkstattmäßige immer schon hinausgegriffen hat: Wer ein Gesicht, einen Spaziergang, sich Gedanken oder anderen eine Freude macht, produziert dies schließlich auch nicht auf der Hobelbank. Was die oben genannten 1960er-Jahre angeht, so stellen sie keine Untergrenze dar. Ein früher Beleg findet sich bei Lessing. In den „Briefen, die neueste Literatur betreffend“ schreibt er am 10. Januar 1760 anlässlich einer unzulänglichen deutschen Wiedergabe Vergil’scher Verse: „Ein Übersetzer muss sehen, was einen Sinn macht.“ Man weiß nicht, wie Lessing zu dieser Formulierung kam. Er war aber auch ein gewandter Übersetzer und könnte sie schon damals dem Englischen entlehnt haben.
Freilich sollte man nicht jedes frühe Vorkommen von Sinn machen als Goldfund ausgeben. So wird zugunsten der Wendung gern aus Grimms Wörterbuch zitiert, dass Petrus Lombardus „die sentencias machet, das ist das puch von hochen synnen zu teutsch genant“. Es wäre mehr als fahrlässig, daraus zu folgern, dass Petrus Sinn gemacht hätte. Die Stelle bezieht sich auf dessen „Sententiae in quatuor libris distinctae“, und sententia ist hier keineswegs mit Sinn wiederzugeben. Es handelt sich vielmehr um Aussagen der Kirchenlehrer. Man muss also auch hier darauf „sehen, was einen Sinn macht“.