Sprachlabor:Satzfalle

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Wie leicht man in die Falle geraten kann: beim Finalsatz, aber auch beim verschränkten Relativsatz...

Von Hermann Unterstöger

DAS LATEINISCHE WORT finis bedeutet Ziel, Zweck und Absicht, der danach benannte Finalsatz nennt Ziel, Zweck und Absicht des im übergeordneten Satz handelnden Subjekts. So weit, so klar. Nichtsdestoweniger sind Finalsätze mehr als andere Nebensätze von Konstruktionsfehlern bedroht. Unser Leser Dr. W. fand so ein Exemplar: "Auch Schreiner unterstützt die Pflegeversicherung dabei, in der Wohnung bleiben zu können, in der er seit Jahrzehnten lebt." So froh Herr W. war, dass die Pflegeversicherung weiterhin in Schreiners Wohnung bleiben kann, so düster stimmte ihn der schräge Satzbau. Er schlägt vor: "Die Pflegeversicherung unterstützt Schreiber dabei, in der Wohnung bleiben zu können", gerät nun aber selbst in die Finalsatzfalle, weil sich der Infinitivsatz nun mal auf das Subjekt bezieht. Ein Rabulist könnte der Pflegeversicherung unterstellen, dass sie Herrn Schreiber in der Wohnungssache zwar unterstützt, aber insgeheim selbst in der Wohnung bleiben will.

APROPOS SATZBAU: Das Deutsche hat in diesem Fach viel zu bieten, aber nichts, was an den "verschränkten Relativsatz" des Lateinischen heranreicht. Dabei wird mit dem Relativsatz ein zweiter Nebensatz verschränkt, eine Puppe in der Puppe quasi. Bei der Übersetzung ins Deutsche muss man das entflechten und eine möglichst elegante Hilfskonstruktion einziehen. Leser V. entdeckte einen Satz, der ersichtlich aus dem Geist des verschränkten Relativsatzes geboren war. Es ging darin um die Verhältnisse in Südafrika: "Ramaphosa, den einst Nelson Mandela vergeblich versuchte, zu seinem Nachfolger an der Spitze des ANC zu machen ..." Herr V. sagt, er wolle sich "gar nicht ausmalen, wie die genaue Versuchsanordnung war". Muss er auch nicht. Mit einer Umstellung wird ein Schuh draus: "Ramaphosa, den zu seinem Nachfolger an der Spitze des ANC zu machen Nelson Mandela einst vergeblich versuchte ..." Matamela Ramaphosa ist, um auch das zu klären, der neue Präsident der Republik Südafrika.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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