Sprachlabor:Pfründe und Marotte

Die Pfründe ist kein Plural. Sie dennoch so zu verwenden, ist aber ebenso häufig, wie die norddeutsche Marotte "ich erinnere das" zu sagen.

Von Hermann Unterstöger

"MUSS WOHL GESINDE HEISSEN." Diese Randnotiz unserer Leserin M. zu der Aussage "Familienväter herrschen über Frauen, Kinder und Gesindel" ist so wahr wie der Zwischenruf unseres Lesers Sch., der aus gegebenem Anlass wieder einmal - und, wie zu befürchten ist, vergeblich - ins Gedächtnis ruft, dass die Pfründe kein Plural ist, sondern der Singular von die Pfründen. Moralisch sollte man Gesinde und Gesindel nicht in einen Topf werfen, aber sprachlich hängen sie inniger zusammen, als rechtschaffenem Gesinde angenehm sein kann. So schreibt Luther im "Sermon vom Wucher", dass "Iuristen und solchs edlen gesinds ßovill seynd als die fliegen ym ßommer", und wie er das "edle Gesinde" gemeint hat, kann man sich schon denken.

DER LAUNIGE TON, den unser Leser B. anschlägt, lässt vermuten, dass er gegen gewagte Bilder nichts hat. Dennoch fragt er, wie man sich "das brusttrommelnde Festhalten an Maximalpositionen" realiter vorzustellen habe. Da man zum Trommeln zwei Fäuste brauche, wären es die Füße, die sich an die Maximalpositionen zu klammern hätten. Vorschlag: die Positionen besetzen und dann trommeln.

"WAS FÜR EINE MAROTTE", klagt unser Leser B. (1), der sich mit Leser B. (2) darin einig ist, dass "ich erinnere das" möglicherweise in Norddeutschland umgangssprachlich zulässig ist, dass man andernorts und im Schriftlichen aber "ich erinnere mich daran" sagt. Es wurde hier schon einmal erwähnt, dass bei Lessing "Ich will's nur erinnern" vorkommt. Trotzdem sollte "ich erinnere das" nur schreiben, wer auch sonst wie Lessing schreibt.

MAN WÜSSTE GERN, was in der Kollegin vorging, die fragte, was eine Pleite "für die Mitarbeitenden und Gläubiger bedeutet". Trat die Versuchung an sie heran, parallel zu den sprachlich unbefriedigenden, gendertechnisch jedoch korrekten Mitarbeitenden das substantivierte Partizip Gläubigende zu erfinden, noch dazu, ohne das dafür notwendige Verb gläubigen zu haben?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: