Sprachlabor:Lässliche Sünden

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Warum ein Apfel und die Erde sich zwar in der Masse, nicht aber in ihrer Erdanziehung unterscheiden und warum es nicht immer richtig ist, von Expertise zu sprechen.

Von Hermann Unterstöger

LÄSSLICHE SÜNDEN sind nach katholischer Lehre solche, die nicht ins Verderben führen, aber die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen beeinträchtigen. Auch bei uns passieren solche Sünden. Im Interesse einer guten Gemeinschaft mit den Lesern seien ein paar von ihnen hier bekannt, und zwar "in Demut und Reue", wie man bei der Beichte sagt.

Leserin B. ist der berechtigten Ansicht, dass, wer Schulbücher kritisiert, seine eigenen Angaben sorgfältigst überprüfen sollte. Bei uns waren es vom 30. Januar bis zum 30. Oktober zehn Monate. Es sind aber nur neun.

Leser C. findet es verwunderlich, dass zwei Kinder bei der Flucht aus der DDR "zusammengekauert" im Heißluftballon saßen. Die Stelle im Ballon, wo dies möglich ist, sähe er nur zu gern.

Leserin L. erfuhr, dass ein Mädchen "mit einem Elternteil" auf einem Klettersteig unterwegs war. Sie fragt: "Was veranlasst Sie zu dieser Sprache?"

Leser P. kritisiert das Streiflicht, das behauptet hatte, ein Apfel falle nach unten, weil die Anziehungskraft der Erde stärker sei als die seine. In Wahrheit seien die Anziehungskräfte von Apfel und Erde "gegengleich". Die Masse der Erde sei aber 10²⁶-mal größer als die des Apfels, weswegen die von der Anziehungskraft des Apfels auf die Erde verursachte Beschleunigung a der Erde um den Faktor 10²⁶ kleiner sei als die von der Erde verursachte Fallbeschleunigung g. "Somit", endet P., "ist beim Fallen des Apfels zur Erde mit unseren menschlichen Sinnen nicht zu erfassen, dass gleichzeitig auch die Erde a ganz klaans wengerla (!) dem Apfel entgegenfällt."

Leser M. entnimmt der Mitteilung, dass Otto Dix "vor den Nazis an den Bodensee" flüchtete, dass es dort keine Nazis gab. Das sei, wie er schreibt, eine "späte, aber beruhigende Erkenntnis".

Leser M. stößt in ein Horn, das immer wirkungsloser verhallt. Das Wort Expertise, um das es ihm geht, wird bald nicht mehr für Gutachten stehen, sondern für Sachkunde. Experten halten das für sachunkundig.

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