Sprachlabor:Im Text unterwegs

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Wofür man heutzutage den Begriff "Unterwegs sein" alles verwendet, lässt einem Leser den Kragen platzen. Ein anderer fragt nach der Verwendung des Pluralprädikats. Da zitiert unser Sprachlaborant dann Franz Kafka.

DER KRAGEN platzte Leser B.-W., als er Christian Lindner sagen hörte, dass, wer ihn für rassistisch halte, "hysterisch unterwegs" sei. Das war zu erwarten, da besagter Kragen schon lang bis zum Platzen gespannt war, und zwar wegen der inflationären Verwendung des Adverbs unterwegs. Herr B.-W. hat ein kleines Dossier mit Beispielen angelegt. Zum einen sind das Fälle wie der eingangs erwähnte, zu dem sich, weniger extrem, Phrasen wie die gesellen, dass Straftäter "am Alexanderplatz unterwegs sind" - als wär's ein Wandergebiet. Zum anderen geht es um Formulierungen à la "Da er sehr langsam unterwegs war", deren Hintergrund zwar das Unterwegssein ist, in denen das Adjektiv langsam aber durch unterwegs geradezu entwertet wird. So jedenfalls B.-W., der dies schrieb, als er, wie er launig sagt, im Internet unterwegs war.

MIT FEINEM SPOTT attestiert Leser K. dem Feuilleton, dass dort "die ambitionierteren Fehler" gemacht würden. Als einen solchen kreidet er den Plural an, der in der Formulierung "Härte und Direktheit, die den Atem rauben" anzutreffen war. Die Kritik führt aufs Feld der grammatischen Kongruenz und hierin wiederum zu der Frage, ob mehrere Subjekte beziehungsweise Subjektteile immer ein Pluralprädikat nach sich ziehen. Klarerweise tun sie das bei Sätzen wie "Leo und Paula gehen tanzen". Anders verhält sich die Sache bei formelhaften Subjekten, deren Teile als Einheit aufgefasst werden. Franz Kafka hat im "Schloss" dazu den in Grammatiken gern zitierten Satz "Krankheit und Müdigkeit macht auch Bauern fein" hinterlassen, doch wäre die Regel schon mit der Klage "Grund und Boden wird teurer" gut zu untermauern.

ALS BRUNO JONAS über das Jenseits redete, lobte ihn unser Rezensent dafür, dass er sich "zunehmend des Themas erwärmt" habe. Des wurde Leser E. nicht froh - bei all seiner sonstigen Sympathie für den "lobenswerten Versuch, dem Tod des Genitivs entgegenzuwirken". Hermann Unterstöger

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