Sprachlabor:Fittich zu Ross

Beschattende Fittiche, gespültes Geld und der nicht tot zu reitende weiße Schimmel, womöglich noch hoch zu Ross - ihnen allen widmet sich im ablaufenden Jahr 2019 unser Sprachforscher Hermann Unterstöger.

Von Hermann Unterstöger

WAS DRAUS WURDE: Vor einem Jahr versprach diese Kolumne, das Wort Fittich, das ein Leser stiefmütterlich behandelt sah, 2019 zu pushen. Das Archiv weist nun in der Tat fürs laufende Jahr 29 Treffer aus, leider nur solche, in denen der Fittich als Teil von unter die Fittiche nehmen vorkommt. Ein autonomer Fittich wollte uns nicht glücken, schon gar keiner, wie Klopstock ihn in eine seiner Oden einbaute: "Unter des segentriefenden Friedens / Beschattendem Fittige." Beschattender Fittich - das wär's gewesen! Vielleicht wird 2020 mehr daraus.

FÜR "UNSÄGLICH" hält Leser H. die Floskel Geld in die Kasse spülen, was insofern verständlich ist, als diese die Vorstellung vom Meer wachruft, das ein Wrack oder Leichen an Land spült. Herr H. hört zudem heraus, dass da jemand zu Unrecht zu Geld komme. Da er jedoch gleichzeitig wünscht, die Zukunft möge dem Schreiber des Sprachlabors den einen oder anderen Euro in die Kasse spülen, sei das mit Recht und Unrecht mal dahingestellt.

"HOCH ZU ROSS" gilt als Inbegriff eines Pleonasmus, und als ob das noch nicht genügt hätte, fand sich bei uns folgende Formulierung: "Hoch zu Ross, auf einem weißen Schimmel." Leser Dr. K. forderte zum sofortigen Absteigen auf, doch ehe wir dem Folge leisten, weisen wir darauf hin, dass diese Art von sprachlicher Üppigkeit und Prachtentfaltung auch anderswo vorkommt. In seiner Schilderung der Schlacht von Clavijo berichtet Bernd Koldewey, dass Ramiro I. von Asturien nicht aus eigener Kraft gegen die Truppen Abd ar-Rahmans II. zu bestehen vermochte, sondern nur mit Hilfe St. Jakobs, der "hoch zu Ross, auf einem weißen Schimmel", in die Schlacht eingriff. Sollen uns Heilige nicht Vorbilder sein?

GUSTL MOLLATH saß jahrelang "unberechtigt in psychiatrischen Einrichtungen", und Leser Dr. S. wundert sich, dass es dafür auch noch Entschädigung gibt. Liegt hier womöglich ein besonders raffiniert erklügelter Fall von Hafterschleichung vor?

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