Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor:Ein R kann viel verändern

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Ob Bastian Schweinsteiger nun unglaublich müde oder doch nur ergraut ist, hängt allein von diesem Buchstaben ab.

DEM GESETZ werden mancherlei Arme zugeschrieben. Man spricht vom langen Arm des Gesetzes, rühmt dessen starken Arm, und vor Jahren gab es eine Krimi-Persiflage über den Ex-Polizisten Torrente, genannt "der dumme Arm des Gesetzes". Anlässlich eines in Italien verübten Unrechts hieß es nun zur Verwunderung unseres Lesers Dr. H., darauf habe "der deutsche Arm des Gesetzes" keinen Zugriff. Das wirft die Frage auf, ob hier wirklich die deutsche Sektion eines übernational geltenden Rechts gemeint war oder ob es "Arm des deutschen Gesetzes" hätte heißen sollen. In diesem Fall läge die Stilfigur einer Enallage vor, eine Versetzung des Attributs, wenn auch keine so mächtige wie bei Georg Trakl, der einmal "das blaue Lachen des Quells und die schwarze Kühle der Nacht" beschwört.

BASTIAN SCHWEINSTEIGER wurde bei uns "grauschläfrig" genannt, eine auch für Leserin M. neue Form der Müdigkeit. In Wahrheit ist er grauschläfig, was seine Würde bis in die Antike hinab verlängert, bis zu den in der Ilias (8, 518) erwähnten alten Männern, die Homer als grauschläfig ( poliokrótaphos) bezeichnet.

DASS EINE SCHLEUSE Schiffe "an- und absenken" könne, ließ Leser H. vermuten, es gebe das Verbum ansenken. Das gibt es tatsächlich, wenn auch nicht im Schleusenwesen, sondern im Bereich der "spanenden Fertigungsverfahren". Beim Ansenken wird, laienhaft gesagt, die Mündung einer zylindrischen Bohrung, das "Bohrloch", trichterförmig so ausgefräst, dass der Kopf beispielsweise einer Kegelkopf-Senkschraube mit der Oberfläche des Werkstücks bündig abschließt. Schiffe also besser nicht ansenken!

OHNE INTERNET die Zeitung lesen, das wünscht sich Leser W. und fragt deshalb uns, was eine "SWOT-Analyse" sei. Das ist eine Stärke-Schwäche-Analyse, hinter deren Akronym SWOT sich strengths (Stärken), weaknesses (Schwächen), opportunities (Chancen) sowie threats (Risiken) verbergen. Was täten wir ohne Internet!

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Quelle:
SZ vom 05.02.2022
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