Sprachlabor:Der einst Mächtigste

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Es ist durchaus üblich, Superlative durch Adverbien der Zeit einzuschränken. Beispiele gibt es zuhauf.

Von Hermann Unterstöger

HELGE ACHENBACH erhielt bei uns den Titel "Deutschlands einst schillerndster Kunstberater", eine für unsere Leserin Dr. B. insofern irritierende Einordnung, als sie zu gern wüsste, wann Achenbach die mit schillernd gemeinten Charaktereigenschaften des Zwiespältigen, schwer Durchschaubaren abhandenkamen. Es ist durchaus üblich, Superlative durch Adverbien der Zeit einzuschränken und damit zu sagen, dass selbst das Größte einmal kleiner wird. Beispiele gibt es genug: "Deutschlands einst mächtigster Manager" (Martin Winterkorn), "die weiland größte Burg Oberösterreichs" (die Ruine Schaunberg), "weiland beste Freundinnen" (Victoria Beckham und Heidi Klum). Unsere Formulierung war wohl nicht auf Achenbachs Charakter gemünzt (der uns nichts angeht), sondern darauf, wie der Mann gesehen wurde - und dass in seinem Fach bisher nichts Schillernderes nachgekommen ist.

WER WESSEN TOD IST, der Dativ der des Genitivs oder umgekehrt, kann man nie genau sagen, da jeder dem anderen ins Gehege fährt. Als klaren Fall von Genitiv-Missbrauch wertet Leser R. diesen Satz: "Sie werde ihres Amts nicht gerecht." Damit soll Rumäniens Präsident Klaus Johannis begründet haben, warum er die Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă zum Rücktritt auffordert. Da Johannis in den übrigen Blättern mit den Worten zitiert wurde, Dăncilă sei ihrem Amt "nicht gewachsen", bleibt auf uns sitzen, dass wir der Grammatik nicht gerecht wurden.

SELBST IN EINFÜHLSAMSTEN Reportagen unterlaufen Schnitzer, die man für frivol halten möchte, wüsste man's nicht anders. Als Irland über den Abbruch von Schwangerschaften abstimmte, stand im Bildtext zur Seite-3-Geschichte Folgendes: "Gaye fuhr nach Nordirland, um ein tot geweihtes Kind abzutreiben." Es hätte natürlich todgeweiht heißen müssen. "Da frage ich mich", schreibt Leser K., "warum wird ein totes Kind geweiht und zu was?" Damit aber auch genug des Sarkasmus.

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