Sprachlabor:D'Artagnan und die starken Verben

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Vom Anfechten, von heiteren Spielarten von "beide" und warum dasselbe nicht das Gleiche ist.

Von Hermann Unterstöger

DIE MUNDARTLICHE KOPPLUNG "wir zwei beide" zeigt auf heitere Art, was das Indefinitpronomen beide bezweckt: zwei vorher schon bekannte Wesen oder Dinge erneut aufzurufen. Auf einen interessanten Grenzfall weist Leserin R. hin. In einem Feuilletontext hieß es, Gaudí und Bruckner stünden beide für eine grundsätzliche Neuorientierung in ihren Künsten, und beide lägen sie nur eine Generation auseinander. Frau R. findet, dass es ein großer Unterschied ist, ob beide etwas machen oder die beiden, und sie bietet dafür das Beispiel eines Mannes und einer Frau, die geheiratet haben: Wenn die beiden geheiratet haben, sind sie jetzt ein Paar, doch wenn beide geheiratet haben, finden wir zwei Paare vor. Bei Gaudí und Bruckner ist es so, dass beide zwar künstlerisches Neuland betreten haben, dass sie aber keine Generation auseinanderliegen - von welcher auch? Die beiden liegen aber sehr wohl eine Generation auseinander, nämlich der eine (Jahrgang 1852) vom anderen (Jahrgang 1824).

ALTER MERKSATZ: Zwei Frauen können zur selben Zeit das gleiche Kleid tragen, nicht aber dasselbe (außer sie quetschen sich hinein, ein Vorgang, der in der klinisch reinen Sphäre der Grammatik indes nichts verloren hat). Leser Dr. B. stößt sich an der Mitteilung, dass Google Maps drei Bäder "in selber Entfernung" angezeigt habe, obwohl es doch die gleichen Entfernungen waren: die zum Bad A, die zum Bad B und die zum Bad C. Mehr als das grämt ihn aber, dass hier "selber zum Adjektiv" gemacht worden sei. Für diese Verwendung von selb gibt es allerdings Präzedenzfälle, die entweder als veraltet oder als umgangssprachlich eingeordnet werden. Etwa: "Selbe Adresse?" - "Ja." (Remarque, "Der schwarze Obelisk")

STARKE VERBEN werden nach wie vor stark gebeugt: Der Gascogner d'Artagnan "fechtet" nicht, er ficht. Sollte die falsche Beugung Schule machen, stellen sich für Leserin v. S. (und auch uns) zwei bange Fragen: "Wer empfehlt dann noch die SZ?" und "Wer brecht nicht den Abo-Vertrag?"

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