ÜBER DAS VERBUM erstatten ist im Wörterbuch zu lesen, es drücke „in Verbindung mit bestimmten Substantiven aus, dass etwas in offizieller Form an entsprechender Stelle vorgebracht wird“. Daraus ließe sich schließen, dass man an besagten Stellen sowohl Anträge als auch Anzeigen erstatten könne, da die einen wie die anderen in aller Regel über die geforderte Form verfügen. Die Sprach- und Amtspraxis ist in dieser Sache aber so unnachgiebig wie unser Leser H., der Antrag gestellt hat, Folgendes zu Protokoll zu nehmen: „Anträge werden gestellt, Anzeigen werden erstattet. Punkt, aus, amen.“
VIELLEICHT WOLLTE der Kommentator der „enormen Reformkraft im Inneren“, die er dem kleinen Land Georgien attestierte, einen möglichst deutlichen Kontrast an die Seite geben. Er griff zu der Formulierung „Invasionen von außen“, was Leser Sch. die Frage „Gibt es auch welche von innen?“ förmlich in den Mund legte. Invasionen leiten sich vom lateinischen Verb invadere (eindringen) her, kommen also naturgemäß von außen. Gelegentlich wird freilich Angriff mit Invasion gleichgesetzt, und aus dieser Verwechslung können dann schon „Invasionen von innen“ entstehen. Nebenbei bemerkt bietet der Internethandel die Bettwäsche „Invasion von innen“ an, was klingt, als sei aus ihr ein Großangriff von Milben oder Wanzen zu gewärtigen. Doch keine Angst: Die Wäsche hat ihren Namen von dem Horrorfilm „Invasion from Inner Earth“ (1974), dessen deutscher Titel „Invasion aus der Tiefe“ bei Philosophen die weiterführende Frage wecken könnte, ob die Tiefe zum Inneren oder Äußeren gehört.
DIE MEISTEN LEUTE lesen ihre Zeitung leise. Manchmal wäre es freilich nützlich, sie laut und mit sinnspendenden Betonungen zu lesen, beispielsweise diesen Satz: „Der Garten war für zwei Jahre hier, und ich habe in meinem Leben nie mehr Bienen gesehen.“ Unser Leser M. hatte ihn leise gelesen und sich eine ganze Weile mit der Frage beschäftigt, ob der Erzähler in seinem Leben nie wieder so viele Bienen oder ob er in seinem Leben überhaupt keine Bienen mehr gesehen hat.