Sprachlabor:Aus dem Ruder gelaufen

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Eine Recherche bringt Erstaunliches zutage über De-facto-Regierungen. Doch warum eigentlich?

SCHEITERN KANN JEDER. Etwas anderes ist es, zu seinem Scheitern zu stehen. Da Fasching ist, sei hier ausnahmsweise geschildert, wie selbst diese - an sich disziplinierte - Kolumne aus dem Ruder laufen kann. Fasten your seatbelts!

Den Anstoß gab unser Leser R. mit folgender Feststellung: "Dass Aung San Suu Kyi De-facto-Regierungschefin von Myanmar ist, ist wohl dem Paralleluniversum der alternativen Fakten zuzuordnen - vom Gefängnis aus regiert es sich schlecht." Die Frage, was Aung San Suu Kyi nun wirklich ist, sparte er sich. Unsere Vermutung: Da sie in Haft ist, müsste man sie wohl als "inhaftierte ehemalige De-facto-Regierungschefin" führen.

Bei diesem Stand der Dinge schlägt die Stunde unseres freien Mitarbeiters Google. Von ihm hören wir, dass es De-facto-Regierungen gibt, die ihrerseits De-facto-Staaten regieren. Darunter versteht man Herrschaftsgebilde, die nur beschränkt völkerrechtsfähig sind und deshalb über den Status partieller Völkerrechtssubjekte nicht hinauskommen.

Um etwas Farbe in die Recherche zu bringen, lassen wir uns nun zur Liste der Mikronationen weiterleiten, zu den Fantasie- oder Scheinstaaten. Hier gibt es "Staaten", die in der Tat kaum jemand kennt: Achsivland (in Israel, 1 Einwohner), das Fürstentum Hutt River, das sich 1970 von Australien löste und 50 Jahre bestand, oder die Republik Kugelmugel im Wiener Wurstelprater. In diese Riege gehört auch das Bücherdorf Hay-on-Wye (walisisch Y Gelli Gandryll), das mit Timbuktu eine Patenschaft eingegangen ist. Der Buchhändler Richard Booth rief Hay-on-Wye am 1. April 1977 zum unabhängigen Königreich aus.

Im deutschsprachigen Raum ist rühmlich zu nennen die Republik Koneuwe. Sie wurde von dem Schweizer Staatsbürger Bruno Fabbri in dessen Zürcher Wohnung gegründet. Als ihre Nationalmannschaft firmierte einst die Berliner Theken-Mannschaft von 1970 (BTM); deren Vorsitzender, der Wirt Johnny Steffen, war folgerichtig Sportminister von Koneuwe.

Und was war jetzt schnell wieder unser Thema?

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