SPD:Alles nur Geschichten

Gregor Schöllgen hat jüngst in der Außenansicht "Opposition, was sonst?" behauptet, vielen Sozialdemokraten sei es am liebsten, wenn die SPD nicht regiere. Daher werde Gabriel als Kanzlerkandidat verhindert. Das bezweifelt ein Leser.

Zu "Opposition, was sonst?" vom 27. Dezember: Wenn Historiker anstelle von Geschichte Geschichten erzählen, treibt die Spekulation Blüten. So auch in dieser Außenansicht von Gregor Schöllgen. Es verrät ein seltsames Demokratieverständnis, in einem normalen Arbeitskampf im öffentlichen Dienst eine politische Attacke auf den Bundeskanzler zu vermuten und das politische Scheitern anderer sozialdemokratischer Kanzler der parteiinternen Opposition anzulasten. Helmut Schmidt ist 1981 vom Koalitionspartner FDP im Stich gelassen worden, und Gerhard Schröder hat eine Wahl verloren, deren Termin er leichtfertig selbst angesetzt hatte.

Schröders Amtszeit hat desaströse Folgen hinterlassen, eine Rentenreform, die zu Altersarmut führt, Steuersenkungen, die uns eine marode öffentliche Infrastruktur hinterlassen haben, und Arbeitsmarktreformen, deren Lohndruck nicht nur den Niedriglohnsektor ausgebaut, sondern die europäische Währungsunion in eine schwere Krise gestürzt hat. Lohnzurückhaltung und Lohnsenkungen in Deutschland haben zu negativen Leistungsbilanzsalden und einer entsprechenden Verschuldung der europäischen Handlungspartner geführt, einer Verschuldung, die auf deutschen Druck hin mit einer Schuldenbremse bekämpft wird, was die ökonomischen Krisen im Euro-Raum weiter zuspitzen wird. Auch Sigmar Gabriel scheitert nicht am innerparteilichen Widerstand, sondern an seinem Opportunismus, der ihn unglaubwürdig macht. Schöllgen versteht diese Zusammenhänge nicht, weil er ein politisch motiviertes Narrativ präsentieren will. Michael Wendl, Kirchanschöring

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

forum@sueddeutsche.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: