Sigmar Gabriel:Erfolg und Misserfolg

Als begnadeter Politiker, in seinem Wesen jedoch zu sprunghaft, wird der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel oft beschrieben. In der Bewertung seiner Lebensleistung scheiden sich tatsächlich die Geister, wie Leserbriefe zeigen.

Les

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel auf dem Weg nach Serbien.

(Foto: dpa)

"Die Trümmerfrau" und "Spiel, Satz, Niederlage" vom 12. Februar:

Nützliche Idioten

Heribert Prantl nennt Sigmar Gabriel "strategisch versiert" und empfiehlt ihn deshalb für ein Dreiergremium, das die Parteireform vorbereiten soll. Meint er den Mann, der sich nicht traute, Kanzlerkandidat zu sein? Der durch seine 2009 klug begonnene und bald durch unvorhersehbares Verhalten geprägte Führung der SPD ein gerütteltes Maß an Verantwortung für die seit 2013 zu verzeichnende Etappe des politischen Niedergangs der SPD in Landtagswahlen trägt sowie für die wenig positive Einschätzung der Arbeit, darunter seine eigene als Wirtschaftsminister des Regierungspersonals der SPD? Meint er den Sigmar Gabriel, der es weitgehend unterlassen hat, Voraussetzungen für eine neue Machtperspektive der SPD zu schaffen, und der 2013 wie 2017 Kanzlerkandidaten implantierte, die 2013 nur partiell zur SPD passten oder wie 2017 nicht in der Lage waren zu erkennen, dass die Partei - und sie - keine Chancen auf einen Erfolg hatten?

Oder nennt er ihn deshalb strategisch erfolgreich, weil es ihm gelang, den an der Kandidatur sehr interessierten Martin Schulz als eine Art "nützlichen Idioten" zu instrumentalisieren, um sich damit selbst der Verantwortung für die miserabel vorbereitete Kampagne und den absehbaren negativen Wahlausgang zu entziehen, und sich stattdessen als Außenminister ein - von der Öffentlichkeit nicht parteipolitisch bewertetes - Ansehen zu verschaffen, mit dem er wuchern wollte? Das kann wirklich keine Empfehlung sein.

Dr. Gero Neugebauer, Berlin

Saloppe Ironie

Die Grundthese des Artikels "Spiel, Satz, Niederlage" darüber, warum Sigmar Gabriel nicht Außenminister bleiben darf, ist unzutreffend: Die geschilderten Gesetzmäßigkeiten sind vornehmlich in den Parteien regelmäßig festzustellen, die entweder noch Regierungsverantwortung haben oder vor nicht allzu langer Zeit hatten, egal ob im Bund oder auf Länderebene. Es mag sein, dass die geschilderten Hinterfotzigkeiten bei der SPD eher bekannt werden als bei anderen Parteien. Das mag unterschiedlichem Selbstverständnis der jeweiligen Partei-Größen geschuldet sein. Sich aber über eine Bemerkung (bezüglich Mann mit Haaren im Gesicht) aufzuregen, die nicht nur bei gutem Willen als saloppe Ironie erkennbar ist, zeugt von beachtlicher Scheinheiligkeit. Zu Recht wird im Artikel herausgestellt, welche Anerkennung für seine Amtsführung als Außenminister sich Gabriel innerhalb sehr kurzer Zeit nahezu allgemein in der Welt und auch in der Bundesrepublik erwerben konnte. Ihn mit ausschließlich parteiinternen und damit sachfremden Argumenten an weiterer Amtsführung zu hindern, wäre kleinkariert und einer Partei, die zu Recht auf ihre Tradition und Geschichte stolz sein kann, unwürdig.

Maximilian Heilmeier, München

Katastrophaler Niedergang

Innerhalb weniger Tage macht die SZ den gleichen Fehler und faselt von den "herausragenden Begabungen" Sigmar Gabriels, ohne auch nur anzudeuten, worin denn diese Fähigkeiten bestehen. Welche Erfolge hat denn dieser vermeintlich "hochbegabte" Parteifunktionär zu verzeichnen? Gabriel hat noch keine externe Wahl erfolgreich bestanden. Selbst als ihm von Gerhard Schröder der Ministerpräsidentenposten in Niedersachsen, ausgestattet mit absoluter Mehrheit, überlassen wurde, vergeigte er die nächste Landtagswahl gegen den bis dahin notorischen Wahlverlierer Christian Wulff und schaffte es noch nicht einmal zu einer rot-grünen Koalition.

Unter keinem Parteivorsitzenden war ein so katastrophaler Niedergang des Stimmanteils für die SPD bei Bundestagswahlen zu verzeichnen! Gabriel darf für sich in Anspruch nehmen, nicht zuletzt durch seine oft nicht nachvollziehbare Sprunghaftigkeit und sein Übertaktieren, zum Beispiel bei der Schulz-Tragödie, die einst stolze SPD gründlichst ruiniert zu haben.

H.-Jürgen Borchelt, Berlin

Sendepause

Liebe SPD, vielleicht hat das Elend ja eine reinigende Wirkung: Schluss mit dem unwürdigen Gerangel der "Alphatiere". Abgang Schulz, Gabriel ... Aber bitte auch keine Kevins als "neue Gesichter". Einfach Sendepause und erst einmal nachdenken. Und das Groko-Ergebnis als das wertschätzen, was es ist: ordentliche handwerkliche Arbeit mit akzeptablem Kompromiss.

Anke Meinzen-Spark, Wuppertal

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, die Texte zu kürzen.

Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch hier in der Digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung und bei Süddeutsche.de zu veröffentlichen.

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