Bildung und Bauwesen:Wie die Schule von morgen aussieht

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Ein Schüler meldet sich während einer Unterrichtsstunde. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Schule in Deutschland muss neu gedacht werden – architektonisch sowie konzeptionell –, darin stimmen SZ-Leserinnen und -Leser der SZ-Autorin Laura Weißmüller und dem Gastautor Klaus Zierer zu.

Gastbeitrag „Ungleichheit“ vom 14. September und „Neue Schulen braucht das Land“ und „Eine Schule aus dem Silicon Valley“ vom 7. September:

Grundbedürfnisse junger Menschen

Mit ihrem Beitrag konfrontiert Laura Weißmüller die aktuelle Schularchitektur mit dem Bildungsanspruch der Schule, der auf die umfassende Entfaltung aller positiven Kräfte des jungen Menschen zielt. Der Lern- und Lebensort Schule soll den „Spaß am Entdecken der Welt und an einem gleichberechtigten Miteinander“ herausfordern – dies auch vor dem Hintergrund zunehmender Heterogenität der Schülerschaft. Offenbar, so die Verfasserin, verfehlt die moderne Architektur dieses Anliegen, weil sie sich wie in der Vergangenheit verselbständigt und an der technologischen Hochrüstung der Schulgebäude Maß nimmt anstatt am pädagogisch Notwendigen. Beispiele dafür lassen sich in der neuen Schullandschaft zahlreich finden.

Weißmüllers Überlegungen gehen nicht weit genug. Die Leserschaft findet nur zwischen den Zeilen Andeutungen, welcher Räume eine moderne Schule mit hoher Lernqualität bedarf. Es müsste gezeigt werden, wie die Grundbedürfnisse junger Menschen (Lernen, Bewegung, Erholung, Kommunikation, Spiel) in unterschiedlichen Raumtypen eine Entsprechung finden, damit beides optimal zusammenspielt: Wohlbefinden und Leistung. Im Übrigen muss die Rechnung „neuer Schulbau“ mit dem Wirt, sprich: mit dem jeweiligen Kollegium gemacht werden. Die klügste Schularchitektur nützt nichts, wenn sie nicht minutiös auf das pädagogische Konzept der einzelnen Schule zugeschnitten ist. Das geht über eine „Bedarfsanalyse“ in der „Phase Null“ ein gutes Stück hinaus.

Prof. em. Dr. Wolfgang Schönig, Schwäbisch Hall

Teures Gebäude in teurem Viertel

Das neue Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium ist in seiner überwältigenden Architektur und der luxuriösen Ausstattung vermutlich für längere Zeit der letzte Bau im Bildungssektor, für den eine derart große Summe an Steuergeld in die Hand genommen wurde. Es muss hinterfragt werden, ob es etwas weniger Prestigeträchtiges hätte sein dürfen in einer Zeit, in der sich andere Schulen nicht mal neue Abwasserrohre leisten können und die Kloake in den Klassenzimmern steht? Hat sich die Stadtführung von dem Wunsch tragen lassen, ein „Landmark Building“ zu schaffen, obwohl für viele anderen Projekte die Kassen leer sein werden? Ist es Zufall, dass ein derart teures Gebäude in Bogenhausen steht? Wäre ein gleichwertiges Gebäude auch für Neuperlach, Hasenbergl oder Hadern gebaut worden?

Susanne Schenck, München

Danke, Herr Zierer!

Professor Klaus Zierer ist nicht dafür bekannt, mit den Wölfen zu heulen. Er benennt die Dinge, die in unserem Bildungs- und Schulwesen schlecht laufen, ohne dabei zu polemisieren. In seinem Beitrag „Ungleichheit“ beschreibt er völlig richtig die soziale Bildungsschieflage, basierend auf den unterschiedlichsten Startbedingungen der Kleinsten in unserem Bundesland, die sich mit Beginn der ersten Klasse meist bis in die Adoleszenz gesellschaftlich zementiert. Diesbezügliche Investitionen werden dieses Dilemma nicht ursächlich beseitigen. Ebenso wenig kann man Demokratie staatlich verordnen, sie muss vorgelebt, angewandt und somit erlebbar gemacht werden. Dass sich unsere Wirtschaft oft genug über eine mangelnde Ausbildungsreife der Schulabgänger äußert, ist ein offenes Geheimnis. Zierer wagt aber auch hier die Frage nach den Ursachen. Schule kann und wird auch künftig nicht alle gesellschaftlichen Probleme lösen können: Sie ist auch ein Ort der Hoffnung auf Wandel. Bildungsexperten wie Zierer sollten sich weiterhin zu Wort melden.

Matthias Kühnl, Woringen

Selbstbewusste Schule

Schule muss grundsätzlich gedacht werden als Einrichtung zur Entfaltung des menschlichen Bewusstseins, also als Einrichtung zur Hinführung zur Philosophie. Dinge wie Kommunikation, Emanzipation, Freiheit und Selbstbewusstsein gibt es nur auf dem Weg der Philosophie. Schule muss hier mit dem nötigen Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen auftreten, besonders auch gegenüber ökonomistisch motivierten Ansprüchen. Schule muss sich nicht verstecken.

Natürlich ist das Problem komplex. Wo soll eine solche Schule herkommen, wenn so gut wie alle gesellschaftlichen Kräfte und so gut wie jeder Mensch in einer Art ökonomischer Geiselhaft gehalten werden? Wie soll sich die Sprachfähigkeit der Kinder, die ja bekanntlich parallel geht mit der Denkfähigkeit, entwickeln, wenn alle in der Familie neben ökonomischen Sorgen nur noch – wie von der Wirtschaft gewollt – auf ihr Smartphone glotzen und das Display für die Welt überhaupt halten? Welches Kind liest heute noch? Wo wird noch gesprochen in den Familien, wenn jeder und alles nur noch unter ökonomischem Druck steht?

Friedhelm Buchenhorst, Grafing

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