Rente:Grottenschlecht im OECD-Vergleich

Immer wieder wird über die Rente diskutiert. Aus Sicht von Leserinnen und Lesern ist das sehr frustrierend. Denn ihrer Meinung nach werden die grundlegenden Probleme überhaupt nicht angegangen.

"Die Angst vor der Wahrheit" vom 9. November:

Längst teilprivatisiert

Man kann das Gejammere der sogenannten Rentenexperten nicht mehr hören! Es ist doch schon alles geklärt: Das Ziel der Rentenpolitik mit dem 3-Säulen-Modell ist nicht mehr die bedarfsgerechte Alterssicherung der Bürger, sondern die Limitierung der Beiträge auf 20 Prozent. Daraus ergibt sich dann eine Rentenhöhe der gesetzlichen Rente, von der auch die Rentenexperten wissen, dass sie für eine Alterssicherung nicht ausreicht. Deshalb gibt es dann die Säulen 2 (private Betriebsrente) und 3 (private Vorsorge), über die die Versicherten jeder für sich privat über Versicherungskonzerne selbst für eine ausreichende Alterssicherung zu hohen Kosten sorgen müssen. Das ist die Teilprivatisierung der Rentenversicherung. Für die letztendliche Höhe der Alterssicherung ist jeder Versicherte selbst verantwortlich, das Demografieproblem liegt also ganz allein bei ihm! Arbeitgeber und Staat haben sich mit der Grenze 20 Prozent aus dem Demografieproblem verabschiedet, die gesetzliche Rente hat den Charakter einer GmbH.

Es gibt jedoch offene Punkte: Die Kosten und die Risiken einer Rentenversicherung über private Versicherungskonzerne sind enorm (neben dem Finanzmarkt für Hypothekendarlehen wird es dann auch einen Finanzmarkt für die Rentenversicherungspolice von Lieschen Müller geben. Damit lässt sich doch bestimmt Geld verdienen, oder?). Aktuelle Beispiele privater Vorsorge sind wenig erfolgreich. Alternativen gibt es, zum Beispiel das österreichische Rentenkonzept. Wie die SZ in ihrem Artikel "Ewige Baustelle" (18. September) berichtet, sind die Leistungen der Rente in Deutschland grottenschlecht im OECD-Vergleich. Das weiß jeder Rentenexperte. Mit der Teilprivatisierung der Rente wurde das Demografieproblem längst beim Versicherten abgeladen. Aber auch die Rentenexperten haben wohl das Gefühl, die Rente sei eine "ewige Baustelle" und bringen sich in Position.

Dr. Lothar Sowa, Rohrenfels

Von wegen "Verlässlichkeit"

Im oben genannten Kommentar behauptet Marc Beise, dass "Verlässlichkeit" im Rentensystem "eher bisher gegeben" gewesen sei, und übergeht dabei, dass - entgegen der gängigen sonstigen gesetzgeberischen Praxis und dem Vertrauensschutz der Betroffenen - Gesetzesänderungen mit massiven Eingriffen in die zu erwartende Rente bereits in der Vergangenheit mehrmals erfolgt sind und dadurch zum Beispiel Menschen unter anderem meines Geburtsjahrgangs (1954) erhebliche Einbußen haben, weil kein Bestandsschutz vor rückwirkenden Eingriffen gegeben wurde.

1992 wurde mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten von bisher 13 auf sieben gekürzt. 1997 wurde mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz die Berücksichtigung der Ausbildungszeiten erneut gekürzt von bisher sieben auf drei Jahre. 2005 wurden mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz die Anrechnung schulischer Ausbildung auf das 16. Lebensjahr begrenzt.

Bei einigen dieser Kürzungen wurde argumentiert, dass Hochschulabsolventen in der Regel ein höheres beitragspflichtiges Einkommen erzielen als andere Arbeitskräfte und diese die rentenrechtlichen Einbußen damit ausgleichen könnten. Nachdem 1992 meine Schul- und Ausbildungszeit (Abitur und Hochschulabschluss) bereits lange zurücklagen und meine Schwerbehinderung auch längst gegeben war, hatte ich zwölf Jahre Anrechnungs- bzw. berücksichtigungsfähige Zeiten eingebüßt und durch das Rentenreformgesetz 1999 ein Plus von drei zusätzlichen Jahren bis zur Altersgrenze verordnet bekommen.

So viele Rentenjahre kann man unmöglich wieder "hereinarbeiten". So viel zum Thema Verlässlichkeit im Rentensystem.

Birgit Ostermeier, Frankfurt

Uralte Erkenntnisse

Marc Beises Analyse zum Thema Rente ist nicht ganz vollständig. Zu den geschilderten Maßnahmen gehört auch die Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für alle Einkommensgruppen (Gutverdienende, Selbständige) und die Abschaffung des Berufsbeamtentums.

Im Übrigen ist die Situation der zunehmenden Anzahl der Rentner und abnehmenden Anzahl der Einzahler nicht neu oder mittelalt, sondern schon sehr alt. Schon zu Beginn der 70er-Jahre zeichnete sich diese Entwicklung ab. Norbert Blüms Spruch "die Rente ist sicher" hat damals schon nicht mehr gestimmt. Warum die Politik trotzdem keine langfristig haltenden Lösungen sucht bzw. findet? Weil die Politiker/innen dann nicht mehr im Amt sind und private Versicherungen zu viel Einfluss haben.

Klaus Hass, Gießen

Volkspension, bitte

"Die Rentenpolitik der großen Koalition ist weder verlässlich noch realistisch" - aber in jedem Fall autistisch! Sind Pfründe im Spiel bei so viel Blindheit? Die Volksrente der Schweiz mit dem 3-Säulenmodell und die Volkspension in Schweden sind unserem System überlegen. Das könnten wir glatt übernehmen, aber man will sich nicht einmal gedanklich damit beschäftigen!

Steffen Wurzler, Unterhaching

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