Psychisch Kranke:Seien wir auf der Hut

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Die aktuellste Diskriminierung von psychisch Kranken geht von der bayerischen Staatsregierung aus. Christina Berndts Überblick über die Psychiatrie der vergangenen Jahrzehnte in der SZ vom vorigen Wochenende sollte Pflichtlektüre der Abgeordneten werden!

"Schluss mit dem Wahnsinn" und "Wie es sein soll" vom 28./29. April sowie "Zwang, Zwang, Zwang" vom 16. April:

Das ist sicher die beste Antwort, die man der bayerischen Staatsregierung und dem Landtag in München angesichts ihres unsäglichen Entwurfs zu einem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) geben kann: eine ganzseitige Abhandlung zu den Reformbewegungen in der Psychiatrie aus dem vergangenen halben Jahrhundert. Man müsste Christina Berndts schönen Bericht zur Pflichtlektüre der Abgeordneten machen! Denn dass trotz mehrjähriger Beratung von Fachleuten, Fach-, Angehörigen- und Selbsthilfeverbänden ein so kläglicher, ja schlimmer noch: stigmatisierender und diskriminierender Gesetzesentwurf entstanden ist, erschreckt einen selbst Betroffenen bis in die Knochen hinein. Der wichtigste Satz des Artikels steht ja schon in der ersten Spalte: Nämlich dass man sich kopfschüttelnd fragen muss, "wie es im Jahre 2018 überhaupt zu diesem Entwurf kommen konnte". Ja, das macht fassungslos, da diese Leute ja nicht am Stammtisch von Hinterhugldampfing sitzen, sondern im bayerischen Parlament und Kabinett. Noch einmal auf den Punkt gebracht: Die aktuellste Diskriminierung von psychisch Kranken geht von der bayerischen Staatsregierung aus. Unfassbar, auch wenn der Gesetzesentwurf nun dank des öffentlichen Drucks zunächst zurückgenommen und überarbeitet werden wird.

Anlass, "jetzt in Freudentränen auszubrechen und sehr zufrieden und glücklich (zu) sein", wie es die neue Sozialministerin Kerstin Schreyer laut Bayerischem Rundfunk allen Ernstes meinte, besteht natürlich nicht. Sie sollte sich vielmehr schämen! Und wir alle sollten mit Argusaugen darauf schauen, welches Gesetz jetzt neu gestrickt wird. "Wie es sein soll", hat Thomas Pollmächer in einem Gastbeitrag für die SZ vom selben Tag prägnant beschrieben. Ob es so sein wird oder ob der Staat einmal mehr die Psychiatrie zur Unterdrückung benutzen will, wird sich erweisen.

Misstrauen ist jedenfalls angebracht, denn wer einmal einen solchen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht hat, der die Psychiatriegeschichte um 50 Jahre zurückdreht und psychisch Kranke, statt ihnen Hilfe anzubieten, zum Schaden aller in die Enge treibt, dem ist zuzutrauen, dass er auf der Basis von Nichtwissen und Vorurteilen ein zweites Mal zuschlägt. Seien wir also auf der Hut! Jürgen Karres, Landsberg

Reine Verunsicherungspolitik

Die bayerische Verunsicherungspolitik muss jeden demokratisch-freiheitlich denkenden Menschen aufhorchen und protestieren lassen: Nach dem bundesweit krassesten Entwurf eines neuen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) folgte, im Hinblick auf die anstehende Landtagswahl strategisch gut platziert, der diesem "Sicherheitsdenken" der Staatsregierung und der CSU entspringende Entwurf eines Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (PKHG). Ebenso in weiten Teilen zwanghaft und unverantwortlich, weil die Menschenrechte verletzend und die bürgerliche Freiheit einschränkend. Da heißt es: Wer sich nicht rechtzeitig gegen immer mehr willkürliche staatliche Gewalt und Datensammelwut wehrt, lebt verkehrt und hat die Folgen zu tragen. Rudolf H. Ende, Schöngeising

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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