Pressefreiheit:Äußerst bedenklich

CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und Innenminister Horst Seehofer haben mit ihren jüngsten Vorschlägen in Sachen Meinungs-und Pressefreiheit für viele der Leserbriefschreiber deutlich eine rote Linie überschritten.

Zu "Verfassungsschutz soll Reporter ausspähen dürfen" und "Angriff auf die Pressefreiheit" vom 31. Mai:

Man hat eigentlich ja schon genug damit zu tun, sich über Trump, Johnson, Bannon, die AfD und andere Populisten Sorgen zu machen. Und jetzt gibt es tatsächlich auch noch Bestrebungen unserer "Volksparteien", die Axt an die Prinzipien unserer Verfassung zu legen. So ist die Parteivorsitzende der CDU der Auffassung, dass man vor Wahlen die freie Äußerung der Meinung einschränken sollte. (Der nächste Schritt ist dann wahrscheinlich, diese auch nach den Wahlen einzuschränken.) Viel weniger publik, aber genauso bedenklich, sind die Bestrebungen des Innenministers, per Gesetz die Online-Durchsuchungen von Journalisten zu legalisieren. Dies nennt man dann im Neusprech "Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts". Schön ist es, dass es noch Personen wie Edward Snowden gibt, die die verfassungswidrige Schnüffelei aufdecken.

Nun haben unsere Gründerväter aus der Erfahrung zweier Weltkriege und einer Weimarer Republik eine ausgezeichnete Verfassung formuliert, die es von uns allen zu schützen gilt. Unsere Ministerinnen und Minister schwören in ihrem Amtseid Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Vielleicht könnten Annegret Kramp-Karrenbauer und Horst Seehofer dies am ehesten durch ihren Rücktritt tun.

Thomas Schäpertöns, Recklinghausen

Getreu seinem Vorbild Franz Josef Strauß, dem Initiator der Spiegel-Affäre von 1962, plant Bundesinnenminister Horst Seehofer jetzt einen Angriff auf die Pressefreiheit mit moderner Technik. Er will Server, Computer, Mobiltelefone von Journalisten und Redaktionen vom Verfassungsschutz hacken und ausspähen lassen, Daten und Dokumente stehlen - ohne dass die Betroffenen es merken, ohne richterlichen Beschluss, ohne dass eine Straftat vorliegt.

Strauß ist damals über die rechtswidrige Razzia der Spiegel-Redaktion gestolpert. Man kann nur wünschen, dass es Horst Seehofer genauso ergeht. Vielleicht gelingt es den Verteidigern einer freien Presse, sein "Pressefreiheitabschaffungsgesetz" so lange zu boykottieren, bis er endlich selbst von der politischen Bühne abtritt.

Claus Lehner, München

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