Süddeutsche Zeitung

Plastikmüll:Alles gehört auf den Prüfstand

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Ein Leser fordert die Politik auf, im Kampf gegen den Plastikmüll alle Hebel in Bewegung zu setzen. Dass Gegner von Vermeidungsmaßnahmen Hygienebedenken vorschützen, hält er für allzu durchsichtig.

" Europaparlament will Plastik verbannen" und "Gesetze und Gesinnung" vom 25. Oktober:

Es ist gut und richtig, dass die EU endlich einen etwas größeren Schritt in Richtung Kunststoff-Vermeidung geht. Kunststoff-Einwegartikel sollen (leider erst ab 2021) verboten werden. Das Ganze ist hoffentlich erst der Anfang einer Reihe von neuen Gesetzen und Regeln. Alles gehört auf den Prüfstand. Wir müssen versuchen, weitestgehend auf Kunststoffe zu verzichten. Viel zu viel davon landet Tag für Tag in der Umwelt, in Flüssen und Meeren. Mittlerweile leben riesige Industriezweige vom Plastik- und Verpackungswahn. Es werden Milliardensummen umgesetzt. Natürlich schlagen die Produzenten dieser überflüssigen Umhüllungen jetzt Alarm und behaupten zum Beispiel, unsere Gesundheit stehe auf dem Spiel, Plastikverpackungen seien ideal gegen Verunreinigungen. Als weiteres Argument muss mal wieder der Arbeitsplatzverlust herhalten. Blauäugig, sage ich da nur. Und mal ehrlich, können Sie sich für einen Apfel oder eine Salatgurke eine bessere Verpackung als die eigene Schale vorstellen? Und was spricht eigentlich dagegen, sich die Ware an den Frischetheken unserer Supermärkte in eigens mitgebrachte Behältnisse füllen zu lassen?

Achim Bothmann, Nordstemmen

Der Staat muss mitmachen

Wer das Überhandnehmen des Plastikmülls den Verbrauchern anlastet, macht aus einer politischen Aufgabenstellung ein moralisches Dilemma. Das schlechte Gewissen, das uns Kunden dann Tag für Tag verfolgt, bewirkt aber vor allem eines: Es vernebelt unseren klaren Blick auf die Verantwortung derer, die sich durch mehr Umweltschutz in der freien Entfaltung ihrer Vermarktungsinteressen behindert sähen. Nein, damit der Verbraucher überhaupt eine realistische Chance hat, das Richtige zu tun, braucht er endlich einen starken Verbündeten. Dafür hat er sich Volksvertreter gewählt, dafür gibt es die öffentliche Gewalt. Nur der Staat kann die Abfallwirtschaft per Verordnung zwingen, den Verpackungsmüll weder zu deponieren noch zu verbrennen, auch nicht klammheimlich zu exportieren, sondern in Gänze entweder zu neuen Verpackungen zu recyceln, zu kompostieren oder am besten gleich zu vermeiden. Es gibt dafür weder technische noch wirtschaftliche Hindernisse. Ich bin mir sogar sicher: Der Wähler würde die Politik dafür lieben, wenn sie sich entschlossen über alle Bedenken hinwegsetzte.

Axel Lehmann, München

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Quelle:
SZ vom 07.11.2018
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