Pkw-Maut:Neue Grenzen in Europa

Es gibt selbstverständlich auch Leser, die der neuen Pkw-Maut etwas abgewinnen können - zum Beispiel dass endlich nicht nur Deutsche in anderen Ländern Autobahnmaut bezahlen müssen. Die meisten Leser aber sind dagegen.

Maut

Zeichnung: Denis Metz

"Merkel verteidigt die Maut" vom 5. April, "Geben, Drohen und Nehmen" sowie "Wenn Unsinn Gesetz wird" vom 1./2. April und "Bundestag billigt Maut vom 25./26. März:

Verheerendes Signal

Durch das Schengener Abkommen wurden in Europa die Grenzkontrollen abgeschafft. Es gab keine Grenzstationen mehr, an denen man anhalten musste. Mitunter merkte man es nicht einmal mehr, wenn man von einem Land ins andere wechselte. Das ist vorbei, wenn Alexander Dobrindts Maut eingeführt wird. Dann muss ich die Grenzen wieder beachten. Zwar muss ich nicht wieder meinen Ausweis vorzeigen, wenn ich aus einem anderen europäischen Land durch Deutschland fahren will, aber ich muss meine Gebühr bezahlen. Der Effekt ist derselbe: Die Grenzen sind wieder da.

Gerade in Zeiten, in denen es so wichtig wäre zu zeigen, wie wertvoll Europa ist, wie viel die EU für Frieden und für Wohlstand geleistet hat, ist diese Neubetonung der Landesgrenzen, diese Behinderung der Freizügigkeit, ein verheerendes Zeichen. Es scheint zu signalisieren: Deutschland wendet sich ab von der europäischen Einheit. Andreas Schieberle, Schwerte

Was ist daran so schlimm?

Auch der Verfasser des Kommentars "Wenn Unsinn Gesetz wird" kann der allgemeinen Meinungsmode nicht widerstehen, auf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und damit die CSU loszugehen. Was ist denn bitte daran so schlimm, dass Ausländer für die Benutzung unserer Autobahnen Gebühren zahlen sollen? Und dass wir Inländer diese Gebühren über eine Art Verrechnung mit der Kfz-Steuer erstattet bekommen? Ist das eine Diskriminierung der Ausländer? Doch wohl nicht, wir müssen ja trotzdem noch unsere Steuern zahlen, die für Straßenbau und Unterhalt der Autobahnen verwendet werden. Eigentlich ist der bisherige Status, nachdem nur wir Inländer für unsere Autobahnen zahlen, eine Diskriminierung der deutschen Autofahrer gegenüber den ausländischen Benutzern. Jeden Tag ist das nachzuvollziehen, wenn halb Österreich gratis über unsere Inntalautobahn und dann weiter nach Salzburg fährt, und wir an der Grenze zu Österreich ein Pickerl lösen müssen und dann am Brenner nochmals zur Kasse gebeten werden. Dr. Rainald Meier, Tutzing

Erschütterte Glaubwürdigkeit

Jan Heidtmann ist in seinem Kommentar fair genug, dem Durchsetzungswillen der CSU Respekt zu zollen - es gäbe so vieles für das man der Partei diese Energie wünschen würde. Aber das alles für eine Schand-Maut?

Eine "Ausländermaut" im bayerischen Wahlkampf 2013 zu platzieren war taktisch wohl ein Geniestreich, hat allerdings genau die Geister animiert, die heute der Union massiv schaden. Seit 2013 ist Europa massiv beschädigt worden - heute ist eine Infrastrukturabgabe, die ganz eindeutig Ausländer benachteiligt, eine Schande und die fortlaufende Behauptung, alle Nachbarländer würden uns auch abkassieren, eine Lüge und ein Schlag ins Gesicht vor allem unserer Benelux-Nachbarn.

Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, angesichts der Widerstände und des drohenden Gerichtsverfahrens die Maut so anzupassen, dass jeder einen maßvollen Beitrag ganz ohne Verrechnung leistet und damit ein echter Mehrwert für unsere in der Tat an vielen Stellen notleidende Infrastruktur gegeben wäre. Kann man den Mut dazu von einer großen Koalition nicht erwarten? Dass die europäische Kommission nach der eingefügten Umwelt-Kosmetik klein beigibt und die CSU das Gesetz mit dem Kauf von Stimmen der von der Linken geführten Regierung in Thüringen durch den Bundesrat bringt, ist dazu angetan, die ohnedies schwer erschütterte Glaubwürdigkeit unseres Politikbetriebes weiter zu untergraben.

Wie um alles in der Welt ist zu erklären, dass eine Regierungspartei, die in Bayern so vieles vorbildlich macht - einschließlich der Integration von Flüchtlingen - sich auf Bundesebene so unsäglich diskreditiert? Bernhard C. Fink, Grünwald

Kuhhandel transparent gemacht

Danke Thüringen! Dafür, dass wir nun dieses trojanische Pferd geschenkt bekommen haben: ein Einfallstor für die Privatisierung einer Infrastruktur. Danke dafür, erleben zu können, dass Bayern sich mal wieder erpresserisch durchsetzen konnte und dass uns - wie aus dem Maschinenraum der Politik - deren Kuhhändel verdeutlicht werden. Danke dafür, dass wir gezeigt bekommen, wie ein Landesverband einer Partei der Republik seine Lieblingsidee aufzwingt, wie schon mit dem Elterngeld oder den Stromtrassen. Ein schönes Beispiel also für "Bayern first" - für föderalen Egoismus, mit dem Bayern nun auch ausdrücklich bei der Atommüll-Endlagerung noch ausgenommen werden will. Prof. Klaus Brake, Berlin

Unvermittelbare Prozesse

Koalitionsverträge sind also höherwertig als rationales Handeln? Eine Menge Fragen, über die sich trefflich streiten ließe. Wie aber soll man dergleichen "politische Prozesse" zum Beispiel im Politikunterricht in der Schule vermitteln, wenn gleichzeitig die Heranbildung von überzeugten Demokraten als Lernziel formuliert wird? Robert Tomaske, Bochum

Geschwätz von gestern

Zu "Merkel verteidigt die Maut": Soviel zum Thema Glaubwürdigkeit! Hat man es noch im Ohr? Millionen von Fernsehzuschauern hörten es laut und deutlich aus dem Munde der Kanzlerin Angela Merkel: "Mit mir wird es keine Maut geben!" Und heute? Gilt Konrad Adenauers Wort immer noch in der CDU? "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern." Es ist zu lächerlich, dies noch zu kommentieren. Marcus Schlüter, Weil im Schönbuch

Lückenlose Überwachung

Ein wesentliches, jedoch tunlichst unterschlagenes Argument der Maut ist die lückenlose Überwachung aller Nutzer der Autobahnen. Diese Kontrollen, so liest man, sollen "irgendwann" auf Bundesstraßen ausgeweitet werden. Bravo, die deutschen Dienste - und NSA-Dienstleister - brauchen sich in ihrer Tätigkeit nicht umzustellen, sondern nur einige wenige Schlüsselbegriffe in ihrer Spionagesoftware hinzuzufügen. Uwe Marx, München

Vignettensalat vermeiden

Es wird als selbstverständlich erachtet, die Verkehrswege und da besonders die Autobahnen, in bestmöglichem Zustand zu erhalten. Es sollte daher klar sein, dass, wie es neuerdings auch Deutschland fordert, alle Benutzer dazu beitragen. Unverständlich ist jedoch, dass es noch keine einzige Vignette für alle EU-Staaten gibt. Dies kann doch nicht schwerer sein als die Gurkenkrümmung zu normieren. Hans Gamliel, Rorschach/Schweiz

Es gäbe andere Lösungen

Die meisten Euro-6-Autos sind Mogelpackungen. Die ganze Maut-Konstruktion ist eigentlich Betrug. Der Verwaltungsaufwand ist wahrscheinlich höher als die Einkünfte. Ehrlicher wäre es gewesen, die Kfz-Steuer auf den Preis von Benzin und Diesel umzulegen, aber auch den steuerlichen Vorteil von Diesel gegenüber Benzin endlich zu beenden. Damit hätte man mehrere Fliegen mit einer Klappe erledigt: Beamte werden für sinnvollere Aufgaben freigesetzt, unnötige Bürokratie wird abgebaut, und der Soli könnte abgeschafft werden. Dr. Gerhard Holzmayr, Berchtesgaden

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