Pflege:Das Geld umverteilen, denn es ist ja da

Ist der neue Pflege-TÜV zum Wohle der Kunden, also der zu Pflegenden? Nein, meint ein Leser, ganz im Gegenteil. Er selbst hat einen Traum - die Verdoppelung des Pflegeschlüssels.

"Punkte statt Noten" vom 21. November:

Nun also ein neuer Pflege-TÜV. Keine Schulnoten, sondern Punkte. Nur leider nicht zum Wohle der Kunden oder Verbraucher. Sondern in der Hauptsache für die Prüfinstitutionen und deren Daseinsberechtigung. Denn die Pflegeheime und ambulanten Dienste, die sich auf das aktuelle Prüfsystem eingestellt haben, werden wohl ein Weilchen brauchen, bis sie Mittel und Wege gefunden haben, auch mit den neuen Bewertungskriterien zurechtzukommen. Bis es so weit ist, profitieren viele Protagonisten vom neuen System, am meisten die Schulungsindustrie. Nur für die Kunden, um die es eigentlich geht, ändert sich gar nichts. Kann es auch nicht: weil sich für die Mitarbeitenden in der Pflege, die am Ende ihrer Kräfte sind, nichts Grundlegendes ändert.

Mein "Punktesystem" beansprucht keine 26 Seiten, es passt auf einen Bierdeckel: Jedes Pflegeheim und jeder ambulante Dienst darf auf Antrag die gesetzlich vorgegebenen maximalen Pflegeschlüssel verdoppeln. Das bedeutet, er darf noch einmal genauso viele Pflegekräfte einstellen, wie er bereits hat. Zu Beginn wird es erst einmal schwierig werden, diese Stellen zu besetzen. Gleichzeitig gibt es jedoch von den Pflegekassen doppelt so viel Geld, eine Art "Anschubfinanzierung", mit der der Beruf der Pflegekraft wieder attraktiv gemacht werden kann. Denn Geld ist im Gegensatz zu Pflegekräften reichlich im Gesundheitssystem vorhanden, es müsste nur umverteilt werden. Wenn dann alle mitbekommen, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege peu à peu besser werden, wenn die Ausbildung für junge Leute wieder attraktiv wird, wenn so manche Pflegekraft, die wegen unerträglicher Rahmenbedingungen aus ihrem Beruf geflüchtet ist bzw. ihn an den Nagel gehängt hat, wieder zurückkehrt, wird sich für die Angehörigen die gestiegene Qualität der Pflege nicht in Punkten oder Noten zeigen, sondern in der Realität.

Peter Reil, Erlangen

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: